April 2021 | 15. – 30. April

Affentanz zwischen dem Hobbit aus NRW und Mephisto aus Bayern. Posterboy Lindner gegen das Infektionsschutzgesetz. Tolles Bild: Schnee auf dem Belchen, Frühling im Markgräflerland. Hoffnung: ich bin geimpft, und es gibt eine grüne Kanzlerkandidatin. Voll daneben: der Schauspieler Hashtag.

Inhaltsverzeichnis

Hahnenkampf

Affentanz zwischen dem Hobbit aus NRW und Mephisto aus Bayern. Beinahe eine Woche lang hat er den Blick abgelenkt von dem, was jetzt wichtig ist: 

Dass die Politik endlich handelt im Kampf gegen das Virus.

Aber die Politik tut so, als hätte sie alle Zeit der Welt und als wäre der Hahnenkampf zwischen zwei Alphatieren das Wichtigste der Welt. Dabei laufen Intensivstationen über.

Waren es am Anfang der Pandemie ältere Menschen, sind es jetzt 40jährige, 50jährige, die künstlich beatmet werden. 

Monatelang! 

Pfleger und Mediziner auf den Intensivstationen gehen auf dem Zahnfleisch. Und zu oft ist ihr Kampf umsonst. 

Jeder dritte COVID-Patient stirbt. 

Die Triage droht. Das ist das eigentliche Drama.

Eiertanz

Aber es gibt Dramen, die wichtiger sind als die Frage Söder oder Laschet: 

350 000 tägliche Corona-Neuinfektionen in Indien. 

Das Schicksal von Nawalny, der in Russland mit dem Tode ringt. 

Und immer wieder ertrinken Flüchtlinge im Mittelmeer. 

In Deutschland nur Randnotizen. Stattdessen Streit und Eiertanz. Um den CDU-Kanzler-Kandidaten und um die Änderung des Infektionsschutzgesetzes. 

Der Bund will nicht mehr hinnehmen, dass die Länder nach gemeinsamen Beschlüssen doch wieder eigene Wege gehen. Dabei streitet man über Maßnahmen, die schon vor Wochen beschlossen wurden. 

Aber eben nicht umgesetzt wurden. 

Ganz zu schweigen davon, dass auch diese Maßnahmen viel zu spät kommen und zu lasch sind im Kampf gegen das Virus.

Das Gelbe vom Ei

Heißumkämpfter Knackpunkt: 

Ausgangssperren. Gesundheitsschutz contra Bewegungsfreiheit. 

Da schwingt sich Posterboy Lindner mal wieder zum Retter des Grundgesetzes auf, will vors Verfassungsgericht ziehen. 

Weil er findet, dass die Ausgangsbeschränkung unverhältnismäßig sei und die verfassungsgemäße Bewegungsfreiheit einschränkt. Ja wie beschränkt kann man sein, dass man ein Gesetz das Menschenleben rettet, verzögern oder gar verhindern will! 

So lasch wie die Gesetzes-Maßnahmen auch sind. Wichtig ist, dass gehandelt wird und zwar jetzt. Klar kann man darüber streiten, ob das Ausrichten allein auf den Inzidenzwert das Gelbe vom Ei ist. 

Ob man nicht weitere Parameter berücksichtigen muss, etwa die Kapazitäten in den Notfall-Kliniken, den Impffortschritt oder den R-Wert. Alles schon kompliziert genug.

Ein Wert reicht

Die Orientierung an Inzidenzahlen ist einfach von jedermann/jederfrau zu verfolgen. 

Das muss reichen. 

Alles andere verwirrt. Allerdings tragen die Inzidenzwerte, die laut neuem Infektionsschutzgesetz gelten sollen, zur Verwirrung bei. 

Was sollen die beiden Zahlen: 

bis 150 nur Click und Meet für den Einzelhandel und ab 165 nur noch Distanzunterricht in den Schulen? 

Ein Wert für beides wäre nachvollziehbarer gewesen. 

Wobei Virologen und Intensivmediziner beide Werte für viel zu hoch halten. 

Schließlich galten einmal 35, bzw. 50 als notwendig zu erreichende Werte.

Schnee auf dem Belchen

Freiburg und der Kreis Breisgau-Hochschwarzwald hatten mal fast solche Werte. Inzwischen nähern wir uns der 100, beziehungsweise sind schon drüber. 

Leider. 

Habe die inzidenz-günstige Zeit genutzt für die Suche nach geeigneten Malmotiven. Wurde im Markgräfler Land fündig. Der Gegensatz zwischen dem schneebedeckten Belchen-Gipfel und dem Frühlingszauber im Tal hat es mir angetan. Blühende Obstbäume im Tal, Winter auf dem Belchen. 

Wunderbarer Kontrast. 

Auf der Leinwand verstärke ich die Schneeansicht, indem ich Wandfarbe mit dem Malmesser auftrage. Trocknen lassen und mit Titanweiß drüber. 

Nicht schlecht der Effekt. 

Zeitaufwendig aber lohnend ist das Auftupfen der Blüten mit einem einfachen Borstenpinsel. 

Das erfrischend helle Grün der Wiese erfordert Mischarbeit, um die natürliche Ansicht zu treffen (wenig Blau, viel Gelb und Ocker, Weiß für Aufhellungen). 

Herausgekommen ist ein durchaus harmonisches Werk.

Testpflicht für alle!

Von den früher angepeilten niedrigen Inzidenz-Werten sind wir meilenweit entfernt. Um die zu erreichen wäre ein kurzer, umfassender Lockdown notwendig gewesen, wie Irland, Portugal und England es vorgemacht haben. 

Die hatten sage und schreibe Ausgangsbeschränkungen schon ab 18 Uhr! Drei Wochen lang und teilweise länger alles dicht. Kitas und Schulen zu. Betriebe und Verwaltung wo irgend möglich verpflichtend im Home-Office. 

Testpflicht für Arbeitgeber – und Arbeitnehmer. Das hat’s gebracht!

Aber wir? 

Schonen und päppeln die Wirtschaft, wo es nur geht. Und zwar die Großen. 

Immerhin gibt es jetzt endlich die Verpflichtung, dass Unternehmer zweimal die Woche Tests anbieten müssen. 

Eine Testpflicht für Arbeitnehmer fehlt. Muss aber her, finden Mediziner und Gewerkschaften. Denn viele Beschäftigte lassen sich nicht testen. 

Weil sie Angst haben, in Quarantäne zu müssen, wenn sie positiv sind. Und dann möglicherweise ihren Arbeitsplatz zu verlieren. 

Das darf nicht sein. 

Eine Testpflicht für alle im Betrieb verhindert diese Sorgen und schützt Gesundheit und Leben.

Armut frisst Mitte

Die wirklich Leidtragenden der Pandemie sind die Kinder, denen die Sozialkontakte und Bildungschancen geraubt werden. Ebenso Auszubildende und Studenten. 

Coronakrise und Pandemie-Missmanagement der Politik verstärken die Ungleichheit in der Gesellschaft. Mittelständische und kleine Unternehmen, Kurzarbeiter und Arbeitslose sind am Rande des Ruins. Armut wächst. 

Laut statischem Bundesamt verfügen 13,2 Millionen Menschen über weniger als 1074 Euro im Monat. Dazu zählen Gastronomen und Kellnerinnen, Einzelhändlerinnen und Soloselbständige, Hoteliers und Veranstalter. 

Der Politikwissenschaftler Butterwege ist sich sicher, dass sich „die Armut bis in die Mitte der Gesellschaft frisst.“ 

Auf der Sonnenseite stehen die Gewinner der Pandemie: 

Großunternehmen und internationale Konzerne, vor allem in der Logistik- und Digitalbranche sowie Finanzmagnaten und Erben von Betriebsvermögen. 

Bleibt zu hoffen, dass die frischgekürte Kanzlerkandidatin Baerbock mit ihren Grünen die Bundestagswahl gewinnt. 

Und dass die dann einen Teil ihres Wahlprogramms wahrmachen und die Ungleichheit in der Gesellschaft angehen.

Ich bin geimpft

Hoffnung habe ich auch, bald geimpft zu werden. Schließlich gehöre ich der Gruppe über 60 an, die seit Mitte April an der Reihe ist. 

Mein Hausarzt verspricht, in zwei Wochen sei ich dran. Wirklich daran geglaubt habe ich nicht. Zu wenig Impfstoff überall, weiß man doch. 

Doch siehe da: in der letzten Aprilwoche ploppt eine WhatsApp auf: Impfen heute 17 Uhr. 

Welch freudige Überraschung! 

Und welch angenehme Impf-Prozedur: Kein fünfmaliger Durchlauf wie beim Impfzentrum. 

Ein sachlich knappes Aufklärungsgespräch. Zwei Unterschriften. Dann der Pieks. Das war’s. 

Ein Gefühl der Freude und Erleichterung kommt auf. Und Optimismus. Vielleicht nützt das was gegen die Angst, den Virus einzufangen. 

Am Tag darauf spüre ich leichte Mattigkeit, schwere Glieder. Macht nichts. 

Nehme ich gern an. Der Optimismus siegt. Und die Gewissheit, dass der Corona-Horror doch bald ein Ende hat.

Scheiß-Hashtag

Den Tatort mit Liefers als arrogant-komische Gerichtsmediziner finde ich amüsant und oft gut gelungen. Aber was sich Liefers mit seinem Hashtag „wir machenallesdicht“ geleistet hat, geht gar nicht. 

Bei allem Verständnis für das Leid von Schauspielern, unter denen sicherlich viele sind, die heftig unter der Pandemie leiden. Diese überzogene und missverständliche Polemik ist voll daneben. 

Sie widerspricht sich selbst, wenn sie behauptet, die Maßnahmen der Regierung seien nicht gut und Kritik sei nicht gestattet. Ja ist das, was der Hashtag macht, etwa keine Kritik?

Auch wenn sie in saublöde Satire verpackt ist? 

Kein Wunder, dass der Schuss, der die Regierungspolitik treffen soll, nach hinten losgeht und auch noch Beifall von Rechtsaußen erhält. 

Das ist Wasser auf die Mühlen von hirnverbrannten Querdenkern, die in ihrem Irrglauben gegen lebensrettende Maßnahmen kämpfen und einem gegoogelten Weltbild von Verschwörern hinterherlaufen. 

Konstruktive Kritik geht anders, Herr Liefers!

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