August 2022 | 16. – 31.August

Solarenergie, Wasserstoff: Warum Deutschland Pionierarbeit leistet und trotzdem hinten dran ist. 9-Euro-Ticket: Warum die Fortführung locker zu finanzieren ist. Übergewinnsteuer: Warum Habeck und Scholz feige sind. Außerdem: Malkurs am Comer See.

Inhaltsverzeichnis

Mordshitze

Blauer Himmel, Sonne ohne Ende. Damit ist es jetzt vorbei. Stattdessen Starkregen, Gewitter, Überflutungen, Millionenschäden. Von einer extremen Wetterlage in die andere. Deutlich sichtbare und spürbare Auswirkungen des Klimawandels.

Zuvor die Mordshitze, die nicht enden will. Ausgetrocknete Seen und Flüsse, gelbbraune Wiesen, abgebrannte Wälder. Die Menschen und die Tiere schwitzen. Das Vieh leidet. Die Ernte wird zu Staub. Kaum noch Viehfutter. Mit der Folge, dass am Ende Milch und Butter noch teurer werden, als sie es jetzt schon sind. Alles wird teurer. Nicht nur Gas, Strom und Öl.

 

Selber Schuld

Schuld an der Preisexplosion trägt zum einen der verfluchte Putin mit seinem Angriffskrieg auf die Ukraine. Aber Schuld daran tragen auch wir: die Verbraucher, die Konsumenten und die Politik. Deutschland hätte längst beginnen müssen, aus dem fossilen Zeitalter auszusteigen. Und können.

Aber Wirtschaft und Politik setzten lieber auf billiges Gas und Öl aus Russland  Nicht nur das. Die vergangenen Regierungen haben den Ausbau erneuerbaren Energien sträflich vernachlässigt, sogar gebremst.

Beispiel Solarenergie. Vor zehn Jahren war Deutschland führend bei der Solarenergie. Man konnte mit Fug und Recht sagen, wir haben die Solartechnologie erfunden. Aber wir überließen die Weiterführung und Nutzung den Chinesen.

 

China profitiert

Während unsere Regierung die Einspeisevergütung für Solarstrom drastisch zusammenstrich und damit unrentabel machte, förderte der chinesische Staat massiv die Produktion von Solarenergie. Inzwischen ist China Weltmarktführer und Deutschland zu 80 Prozent bei Solarzellen von China abhängig.

Beispiel Wasserstoff: Schon vor zwölf Jahren hat die vorherige Bundesregierung den enormen ökologischen Nutzen von grünem Wasserstoff erkannt und gezielt eine Handvoll Forschungsprojekte gefördert. Grüner Wasserstoff wird mittels Elektrolyse aus Strom aus Wind und Sonne produziert.

 

Immer zu spät dran

Allerdings industriell wird grüner Wasserstoff wegen hoher Erzeugungskosten und geringer Rentabilität in Deutschland in nur in geringem Maße hergestellt. Ein anderer Grund: da Kohle und Gas billig zu haben waren, blieben große Investitionen aus. Das rächt sich jetzt genauso wie bei der Solarenergie. Deutschland ist mal wieder zu spät dran.

Auch Kanada kann erst ab 2025 den bei uns dringend benötigten grünen Wasserstoff liefern. Daran kann auch der doppelte Antrittsbesuch von Scholz und Habeck bei Kanadas Premierminister Trudeau wenig ändern.

CO2-Ausstoß steigt

Viel zu lange haben wir die Klimakrise und den drohenden Klimakollaps nicht ernst genommen. Viel zu gering sind unsere Anstrengungen, den klimaschädlichen CO2-Ausstoß herabzusetzen und massiv in erneuerbare Energien zu investieren. Das Gegenteil ist der Fall: Deutschland pustet immer mehr C02 in die Luft.

Nach einem coronabedingten Rückgang im Jahr 2020 ist der Treibhausgasausstoß in Deutschland 2021 um 4,5 Prozent gestiegen! Und dieses Jahr dürften die C02-Emissionen wegen des vermehrten Einsatzes von Kohle noch mehr steigen.

Die größten Verschmutzer sind die Kraftwerke und die Industrie. Sie verursachen etwa 60 Prozent der deutschen Emissionen. Der Straßenverkehr trägt 21,8 Prozent zum Treibhausgasausstoß bei, Haushalte sind für 17,2 Prozent der Emissionen verantwortlich.

Kein Umdenken

Dabei ist es am einfachsten, die Co2 Emissionen im Verkehrssektor zu senken. Das ist längst bekannt. Doch es tat sich nichts und tut sich nichts. Stichwort Tempolimit. Kein Umdenken. Stattdessen bockiges Festhalten an der unsinnigen und unzeitgemäßen Formel „freie Fahrt für frei Bürger“. Stets aus Rücksicht und zum Vorteil für die Autolobby.

Im Autoland Deutschland bringen Autokonzerne weiterhin Abertausende von fossilen Verbrennern auf die Straße. Und bei Elektromobilität geht nichts voran. Viel zu wenig Ladesäulen und jetzt auch noch Kürzung der Zuschüsse, wenn man ein E-Auto kauft.

Ohrfeige für Wissing

Trotz Mahnungen und Vorschlägen von Verkehrsexperten stellen sich die Verkehrsminister reihenweise taub. Egal ob von der CDU/CSU oder von der FDP. Egal, ob der schmierige Alexander Dobrindt, die Oberpfeife Andreas Scheuer oder jetzt der aalglatte Volker Wissing.

Der FDP-Politiker hat soeben eine saftige Ohrfeige für sein angebliches „Spar-Sofortprogramm“ für den Verkehr erhalten. Das findet der Expertenrat für Klimafragen so unterirdisch, dass er sich erst gar nicht im Detail damit befasst. Es sei völlig unzureichend und schon im Ansatz ohne hinreichenden Anspruch. Hoffentlich wirkt der Rüffel.

Prügel für Lindner

Auch FDP-Lindner bezieht Prügel und erhält einen massiven Shitstorm im Netz. Zu Recht. Für ein Nachfolge-Modell des 9-Euro-Tickets will der Finanzminister kein Geld locker machen. Begründung des Porschefahrers: Er will eine allgemeine Gratismentalität nicht unterstützen.

Damit unterstellt Lindner den Nutzern und Befürwortern des 9-Euro-Tickets, dass sie alle Schnorrer sind. Wie arrogant und herablassend ist das denn!? Ein Schlag unter die Gürtellinie für alle jene, die nicht wissen, wie sie Strom und Heizung im kommenden Winter bezahlen sollen.

 

Auto-Subventionen streichen!

Dabei ist das 9-Euro-Ticket ein grandioser Erfolg. Soziologen raten dringend zur Fortführung, da es vor allem bei Geringverdienern die Teilhabe an der Gesellschaft und Bildung fördert. Verkehrsexperten sehen in subventionierten Tickets einen notwendigen Beitrag zur Verkehrswende und Klimaschutz.

Gerade mal 14 Milliarden Euro müsste der Bund zuschießen für die Weiterführung. Aber selbst diese läppische Summe ist Lindner zu teuer. Dabei wäre es easy, diese Summe aufzubringen.

Einfach 17 Milliarden streichen, die der Staat für klimaschädliche Auto-Subventionen ausgibt und damit das preiswerte ÖPNV-Ticket finanzieren! Dieselkraftstoff wird mit unsnnigen acht Milliarden subventioniert, privat genutzte Dienstwagen mit drei. Die Pendlerpauschale kostet den Staat sechs Milliarden.

Bock zum Gärtner

Das sind 3 Milliarden mehr, als die Fortführung von subventionierten Tickets kosten würde. Und da ist das Geld allemal sinnvoller angebracht. Nur mit dem Autonarren Linder ist das nicht zu machen. Er tritt vehement auf die Bremse.

Eine typische Haltung für die kalkulierte Arroganz des selbsternannten Finanzexperten. Da dürfen sich die Koalitionspartner nicht wundern, schließlich haben sie ihn zum Finanzminister gemacht. Das ist so, wie wenn man den Bock zum Gärtner macht.

Noch deutlicher sichtbarer wird es bei Lindners Steuerkonzept, das er als sozial gerecht anpreist. Angeblich gedacht, um den Mittelstand zu entlasten. Dabei entlastet es in Wahrheit Topverdiener wie ihn. Sie werden nicht mehr zur Kasse gebeten, sondern weniger.

 

Reiche profitieren

Genau so unausgewogen wie bei Lindners Steuerkonzept verhält es sich mit seiner vollmundigen Ankündigung, die Mehrwertsteuer auf die geplante Gasumlage auf sieben Prozent zu senken. Von der niedrigen Mehrwertsteuer profitieren reichere Haushalte mehr als ärmere.

Das liegt daran, dass Wohlhabende mehr Wohnraum in gut isolierten Häusern besitzen und diesen auch beheizen müssen. Sie geben dafür zwar mehr Geld aus, aber in absoluten Zahlen haben sie mehr Nutzen von der niedrigeren Mehrwertsteuer als Wenigverdiener.

Denn, da Menschen mit niedrigen Einkommen in eher in schlechter isolierten Häusern wohnen, müssen sie vergleichsweise mehr heizen und drohen unter den astronomischen Gaspreisen zusammenzubrechen. Ihnen nützt die gesenkte Mehrwertsteuer überhaupt nicht.

Verkorkste Gasumlage

Überhaupt die Gasumlage. Ein verkorkster Schnellschuss. Ausgeheckt vom bisher so beliebten Klimaminister Habeck. Der Sinn dahinter: Die stark gestiegenen Kosten von Gas-Großimporteuren ausgleichen, um diese vor einer Pleite und das deutsche Energiesystem vor dem Kollaps zu bewahren. Ein Wahnsinnsplan in bester Kapitalisten-Manier.

 Jetzt stellt sich raus: Von der Gasumlage könnten auch Unternehmen profitieren, die gar keine Existenz bedrohenden Probleme haben. Irre! Ausgerechnet Verbraucher, die schon ohne die zusätzliche Umlage mit den hohen Gaspreise überfordert sind, sollen die Gewinne von gierigen Gaskonzernen mehren. Wie verrückt ist das denn?

Rettung mit Staatsknete

Ein andere Frage: Was ist eigentlich mit den Nutzern von den viel klimaschädlicheren Ölheizungen? Warum bleiben die verschont? Ich denke, dass Problem ist grundsätzlicher: Es hätte durchaus die Möglichkeit gegeben, notleidende Gaslieferanten und Stadtwerke zu stützen: mit Staatsknete.

Das hat schon mehrmals geklappt: bei den Banken in der Finanzkrise, bei Lufthansa und TUI in der Pandemie. Dafür wurde Steuergeld locker gemacht. Auch für Aufrüstung der Bundeswehr hat die Regierung mal eben 100 Milliarden Euro aus dem Hut gezaubert. Warum geht das jetzt nicht.?

Übergewinnsteuer statt Umlage

Es drängt sich der Verdacht auf, dass die FDP mit ihrem selbsternannten Rechenkünstler Lindner die Hände im Spiel hat. Der will sein Wahlversprechen auf Biegen und Brechen einhalten und das Allerheiligste der FDP, die Schuldenbremse, auf keinen Fall lösen.

Also rückt er keinen Cent mehr raus. Und damit der Koalitionsfrieden erhalten bleibt, knickt selbst ein Habeck ein und kuscht vor der FDP. Noch schlimmer: Kommunikationskünstler Habeck greift zur Begründung für die Gasumlage zu Merkelscher Rhetorik: alternativlos! So ein Unsinn!

Die Gasumlage ist keineswegs alternativlos. Die Lösung, die nebenbei auch das Gerechtigkeitsempfinden der Gesellschaft fördert, heißt: Übergewinnsteuer für die Energiekonzerne und Vermögensabgabe für die Reichen.

Also her damit und weg mit der Gasumlage! Aber dazu sind SPD und Grüne zu feige und lassen sich von der FDP am Nasenring durch die Manege ziehen. Dabei sinken gerade die Beliebtheitswerte der Unternehmerpartei. Wenn nicht jetzt die Zeit reif ist für soziale Gerechtigkeit und Umverteilung, wann dann?

Malkurs am Comer See

Mein zweiter Sommer-Malkurs fand am Comer See statt, in Caddenabbia-Griante. Anfahrt wie immer mit Bahn und Bus. Diesmal ohne Verspätung. Selbst der italienische Bus, auf den normalerweise wenig Verlass ist, kommt pünktlich In Caddenabia an.

An der Uferstraße mit der schmalen Seepromenade und den Terrassen-Cafes wirkt alles beengt und gedrängt. Stoßstange an Stoßstange quälen sich die Autos über die enge Durchgangstraße.

Auf der gegenüberliegenden Seite reiht sich ein Hotel ans andere. Vom früheren mondänen Charme ist wenig geblieben. Die Fassaden sind grau und in die Jahre gekommen. Aber der fantastische Blick über den See entschädigt vieles.

Auch Verdi war hier

Auffallend und erschreckend: der niedrige Wasserstand im Comer See. Wegen der anhaltenden Dürre ist das Wasser massiv zurückgegangen und hat mehrere Steinstrände freigelegt. Die sind fürs Baden nicht nutzbar und nicht öffentlich zugänglich. Der Uferstreifen ist privat und gehört zu den Hotels auf der anderen Straßenseite.

Der Malkurs findet in der Villa Collina statt, eine der vielen Villen und Herrschaftshäuser, die auf dem sanft ansteigenden Hügel für die Reichen und Prominenten erbaut wurden. So war beispielsweise auch Giuseppe Verdi hier und komponierte in der Villa Ricordi Teile seiner kolossalen Oper „La Traviata“.

Atemberaubender Blick

Von der Villa Collina hat man einen atemberaubenden Blick auf den Comer See. Kein Wunder, dass sich auch der sonst so steife Konrad Adenauer in die Villa verliebte. Der frühere deutsche Bundeskanzler verbrachte hier lange Jahre seinen Sommer-Urlaub.

Er veranlasste sogar, dass die Innenräume nach seinem Geschmack umgestaltet wurden. Edle Nussbaummöbel, barocke Tische, Sessel und Sofas. Heute gehört das Anwesen der Konrad Adenauer Stiftung, die die zwölf Zimmer und Konferenzräume in ein Hotel umgestaltet hat.

Auch ich leiste mir ein Zimmer in der historischen Villa. Im unteren Bereich der weitläufigen Parkanlage befindet sich ein Zweck-Neubau – Akademie genannt – mit einem Restaurant sowie weiteren Konferenz- und Übernachtungsmöglichkeiten.

Adenauer und seine Bewunderer

Die Villa Collina im oberen Parkbereich erreicht man über einen geschwungenen und steilen Anstieg vorbei an erlesenen Büschen und Bäumen. Die historische Villa gleicht gegenwärtig einem Adenauer-Museum. Überall Fotos des greisen Kanzlers und seiner Besucher.

Das mag viele Hotel-Gästen und Adenauer-Bewunderern gefallen. Ich gehöre nicht dazu. Im Gegenteil. Ich halte Adenauer für einen skrupellosen und autoritären Machtmenschen, der seine Gegner bespitzelte, Nazis als Vertraute hatte und statt der Wiedervereinigung die Bindung an die USA und Westeuropa durchsetzte.

 

Nächtliche Party

Zu Bewunderern Adenaurs gehören vermutlich auch jene jungen Stipendiaten, die zur gleichen Zeit wie wir Malerinnen und Maler ein Seminar absolvierten und  unten in Akademie wohnten. Das hielt offenbar eine Gruppe der Stipendiaten nicht ab, auf der Terrasse der Villa Collina eine ausufernde nächtliche Party zu feiern, die uns Malkurs-Teilnehmern den Schlaf raubte. Unkontrolliert laute Gespräche und Diskussionen. Klirrende Gläser und johlende Liedgesänge.

Rechtsnationales Liedgut

Gegrölt wurde nicht indes nicht nur der umstrittene Partyhit „Leyla“, sondern auch Lieder mit rechtsnationalem Inhalt. Abstoßend und verabscheuungswert. Das fanden auch die Hotelgeschäftsführung und die Veranwortlichen der Stipendiaten, bei denen wir uns am Tag danach beschwerten.

Eigentlich hätte ich erwartet, dass gerade junge Konrad-Adenauer-Stpendiaten wissen, wie man sich zivilisiert und anständig benimmt. Schließlich wollen sie mal Karriere machen. Aber da hab ich mich wohl getäuscht.

Spannender Farbklecks

Die Malkurs-Leiterin Marie-Helene Desrue ist ein künstlerischer Wirbelwind, erzählt liebend gern und viele Anekdoten von Künstlern. Für meinen Geschmack zu viele. Angesichts der kurzen Kursdauer von nur drei Tagen hätte ich mir mehr Demonstrationen und praktische Tipps gewünscht.

Lehrreich und spannend war indes eine von Marie-Helenes Lieblings-Malmethoden: einen Farbklecks aufs Papier bringen und daraus ein mehr oder weniger abstraktes Gemälde entwickeln. Das hat mit gefallen.

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