Februar 2022 | 15. – 28. Februar
Was treibt den wahnsinnigen Despoten im Kreml an? Wie könnte eine friedliche Lösung im Ukrainekrieg aussehen? Radikale Klima-Aktivisten, warum sie sich auf Autobahnen festkleben. Außerdem: Corona, warum Lockerung gut, aber ein Freedom-Day Quatsch ist.
Hirnrissiger Vorwand
Inhaltsverzeichnis
Verdammt, nun ist es doch passiert: Krieg in Europa. Putin hat doch wahr gemacht, womit ich nicht gerechnet habe. Russland überfällt die Ukraine. Schickt Panzer nach Kiew. Bombardiert wichtige weitere Städte und Luftwaffenstützpunkte. Tote, Verletzte, zerstörte Infrastruktur. Unsägliches Leid. Schock und Wahnsinn! Ist der Mann irre?!
Putin geht über Leichen und produziert ein Schlachtfeld mitten in Europa. Skrupellos zeigt der unberechenbare Kreml-Herrscher seine Macht und Rücksichtslosigkeit, um seine Ziele zu erreichen. Die Begründung für seinen Angriffskrieg: Hilferufe der von ihm unterstützten Separatisten im Osten der Ukraine, Genozid an der dort lebenden russischstämmigen Bevölkerung. Total hirnrissiger Vorwand.
Durch nichts ist dieser Angriffskrieg gerechtfertigt. Es ist ein eklatanter Bruch des Völkerrechts. Diese totale Missachtung und mutwillige Zerstörung der Friedensordnung in Europa darf und will der Westen nicht hinnehmen. Jedoch der massive Protest des Westens mit samt seinen Sanktionen schert Putin nicht.
Zuckerbrot und Peitsche
Bei aller Verachtung des zynischen und menschenverachtenden Vorgehens Putins: Zumindest eine Teilschuld trifft auch den Westen mit seiner doppelzüngigen Strategie von Zuckerbrot und Peitsche. Auf der einen Seite die diplomatischen Gespräche von Macron und Scholz in Moskau sowie der Versuch, ein Treffen Putins mit dem US-Präsidenten herbeizuführen. Das ist das Zuckerbrot. Andererseits Aufstockung der Natotruppen in Osteuropa sowie Waffenlieferungen an die Ukraine. Das ist die Peitsche.
Entscheidender Zankapfel ist jedoch Putins immerwiederkehrende Forderung: Kein Nato-Beitritt der Ukraine, keine weitere Osterweiterung. Die westlichen Staaten, allen voran Amerika sowie die Nato bleiben hart und unbeweglich. Sie sind nicht bereit, über vermeintliche Sicherheitsinteressen Moskaus zu verhandeln, geschweige denn ein Stück weit die Nato-Osterweiterung zurückzuschrauben.
Unberechenbar
Deshalb verhält sich Putin wie ein ungezogener Junge, er nimmt sich mit Gewalt, was er nicht kriegen soll. Wie weit will Putin noch gehen? Die ukrainische Regierung vertreiben und eine ihm genehme einsetzen? Niemand weiß, was in seinem unberechenbaren Kopf vorgeht.
Was tun gegen einen, der auf Anstand, Gerechtigkeit und Völkerrecht pfeift? Und der auch noch allen Staaten unverhohlen mit Gewalt droht, die sich in den Krieg einmischen. Eine scheußliche und vertrackte Situation. Deutliche Verurteilung der russischen Aggression und fordern, die Kriegshandlungen sofort zu beenden. Das ist klar und absolut notwendig. Und scharfe Sanktionen gegenüber Moskau. Finanziell, politisch und wirtschaftlich. Unbedingt Konten einfrieren, vom internationalen Zahlungsverkehr ausschließen, die politische Elite ächten.
Allerdings werden diese Sanktionen Putin kaum beeindrucken, die hat er längst einkalkuliert. Auch das provisorische Veto für Nord Stream 2 trifft Russland kaum. Putin kann sein Gas an China oder an andere Regionen zu besseren Preisen verkaufen. Was bleibt, um den eigenwilligen Despoten im Kreml wieder zur Raison zu bringen?
Neutrale Ukraine?
Was jetzt nottut, ist keinesfalls Säbelrasseln der Nato oder gar weitere Waffenlieferungen an die Ukraine. Sondern das Gegenteil: kühler Kopf und kluge Diplomatie. Der Westen muss in den sauren Apfel beißen und zähneknirschend auf Putin zugehen.
Es geht jetzt darum, Frieden zu schließen und einen tragfähigen Kompromiss auszuhandeln. Der könnte so aussehen: Die Ukraine wird politisch neutral wie die Schweiz. Also ein Staat, der weder den Kriegstreibern auf der einen Seite folgt, noch den Kriegtreibern auf der anderen Seite. Sondern das Geld wie die Schweiz von allen weltweiten Kriegstreibern behütet. Das hat jüngst der TV-Satiriker Christian Ehring schelmisch vorgeschlagen. Aber ernsthaft, so schlimm und fürchterlich die Lage zur Zeit ist – warum nicht?
Straßenblockaden
Sie nennen sich die „letzte Generation“ und blockieren Deutschlands Autobahnen und Bundesstraßen. Die radikalsten unter ihnen kleben sich mit Sekundenklebern auf dem Asphalt fest. Ihre Forderung: Mehr Klimaschutz sofort und ein Gesetz gegen die Verschwendung von Lebensmitteln.
Die Straßenblockaden, ein Aufreger-Thema. Solche Aktionen sind natürlich nicht legal. Und saugefährlich. Sich selbst in Gefahr vor wildgewordenen Autofahrern zu bringen und sich festkleben mit dem Risiko, dass die Haut reißt, wenn die Hände unsacht von Polizisten oder Notärzten vom Asphalt gelöst werden.
Aufmerksamkeit
Da gehört eine gehörige Portion Mut dazu, und Wut. Wut darüber, dass die Klimabewegung bislang nichts gebracht hat. Weder Petitionen noch Unterschriftenlisten. Auch nicht Millionen von jungen und älteren Menschen, die lautstark für besseren und schnelleren Klimaschutz demonstrierten. Auch ich war dabei.
Was haben wir bekommen? Ein Klimapaket der alten Bundesregierung, das seinen Namen nicht verdient. Eine neue Regierung mit einem FDP-Verkehrsminister, der Tempolimit als totalen Frevel bekämpft. Und einen grünen Wirtschaftminister, der nur labert und nichts voranbringt. Klar, sind solche Klebaktionen nicht legal, aber sie verursachen eine gewaltige Reaktion: Ablehnung und Verurteilung, aber auch Aufmerksamkeit, Diskussionen und klammheimliche Sympathien.
Illegal, aber legitim
Ziviler Ungehorsam dieser Art verliert nicht automatisch seine Legitimation, wenn die Aktionsform illegal ist. Den Aktivisten der letzten Generation wird zweierlei vorgeworfen: Der Ort sei völlig falsch, die Blockaden träfen die Falschen. Selbst Kevin Kühnert, der SPD-Möchtegern-Revolutionär, kritisiert: Bei einem regulären Streik in einem Betrieb richte sich die Aktion gegen den Arbeitgeber. Bei den Autobahn-Blockaden bestreike man sich gegenseitig.
Da liegt der frühere Jungsozialist falsch. Es geht nicht um Klassenkampf und um Arbeitgeber gegen Arbeitnehmer. Sondern um einen gemeinsamen Gegner: die Klimakrise und das gemeinsame Ziel, den Klimakollaps abzuwenden. Da sind beide betroffen, Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Und sollten gemeinsam dafür kämpfen, dass die Erde lebenswert bleibt. Schwierig, dies plausibel zu kommunizieren, aber machbar.
Politische Erfolge
Es ist eben Sinn der Sache, dass radikale Protestformen die Ordnung und den Alltag stören und vor allem eins beabsichtigen: auffallen. Wären Proteste liebevoll und unauffällig, könnte man auf sie gleich verzichten. Es geht doch letztlich darum, politische Maßnahmen zu erwirken, die den Klimawandel bremsen.
Es gibt eine Reihe von Beispielen, bei denen spektakuläre Aktionsformen zu medialer Aufmerksamkeit führten und in Verbindung von anschließenden Massen-Demonstrationen, Besetzungen und Blockaden auch politisch Erfolg hatten. Beispiel: die Waldbesetzung im Hambacher Forst. Ergebnis: Stopp der Rodung. Der Wald bleibt. Und sogar ein früherer Kohleausstieg soll kommen.
Oder die Bauplatzbesetzung von Bauern und Winzern in badischen Whyl. Ergebnis: Das geplante Atomkraftwerk wurde nicht gebaut. Oder der lange Kampf gegen Gorleben und die Atom-Castor-Tranporte: Brennende Strohballen, blockierende Baumstämme, Aktivisten, die sich an Gleise anketten. Ergebnis: Gorleben ist Geschichte.
Freedom-Day?!
Die Lockerungen kommen, erst schrittweise und dann mit Macht am 20. März. Alle bisherigen Beschränkungen sollen fallen. Endlich ein Grund aufzuatmen. Sich frei zu fühlen. Freier jedenfalls als in den vergangenen bleischweren Jahren. Aber mehr nicht. Omikron bleibt uns erhalten. Und bestimmt kein Grund am 20. März so etwas wie einen Freedom-Day zu feiern. Die Lage ist nach vor ernst, die Impflücke zu groß.
Trotzdem stoßen die Bildzeitung und manche FDP-Politiker jetzt schon auf den Freedom-Day an. Der Begriff ist totaler Quatsch und gefährlich. Er suggeriert, dass wir bisher in Unfreiheit leben. So ein Unsinn! Und Wasser auf die Mühlen der Querdenker, die gemäß ihrer Verschwörungsideologie fest daran glauben, dass wir in einer „Corona-Diktatur“ leben.
Zu früh gefreut
Außerdem beinhaltet der Begriff eine weitere riskante Botschaft: dass Corona vorbei ist – was eben nicht stimmt. Niemand weiß, ob nicht im Herbst neue Corona-Mutationen drohen oder die Delta-Variante zurückkommt. Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Das musste unser Nachbarland Dänemark leidvoll erfahren. Dort gab es dank höherer Impfquoten im vergangenen Herbst schon mal einen „Freedom -Day“.
Der wurde ganz schnell wieder gestrichen, als die Infektionen wieder sprunghaft stiegen. Zu früh gefreut, zu früh gelockert. Erneut scharfe Maßnahmen kurz vor Weihnachten. Clubs zu, Sperrstunde in Bars und Restaurants. 3G-Regel fast überall. Anders als bei uns folgt die dänische Bevölkerung ihrer Regierung. Es gibt kaum Impfgegner in Dänemark.
Spinnen die Dänen?
Vor zwei Wochen ein erneuter Versuch in Dänemark: neuer Freedom-Day. Alle Corona-Maßnahmen aufgehoben. Auch die Maskenpflicht. Ausgerechnet am Höhepunkt der Omikron-Welle: 7-Tage Inzidenz bei 5000! Spinnen die Dänen? Die sagen, nein. Wir machen das, weil wir Covid 19 nicht mehr als Bedrohung für die dänische Bevölkerung einstufen und die Krankenhäuser nicht mehr unter Druck stehen.
Grund: die hohe Impfquote von weit mehr als 80 Prozent der Gesamtbevölkerung. Bei den über 60jährigen sind sogar 96 Prozent geimpft. Traumzahlen. Bei uns sind noch immer geschätzt 3 Millionen Menschen in dieser Altersgruppe ungeimpft. Zum Vergleich: Dänemark hat gerade mal 5 Millionen Einwohner.
Aber im Gegensatz zu uns wissen dort die Gesundheitsbehörden genau, wer geimpft ist, wer mehrmals Corona bekommen hat. Und wie viele Personen, geimpft oder ungeimpft, aufgrund welcher Erkrankrungen auf den Intensivstationen liegen. Grund: umfassende Daten zur Gesundheit aller Dänen, die digital auf der persönlichen ID gespeichert sind.
Kreativität gefragt
Ein solches digitales Datensystem wird es mutmaßlich in Deutschland wegen des überstrengen Datenschutzes nie geben. Was bleibt: weiterhin Zahlen schätzen und Maßnahmen auf gut Glück verhängen. Was indes auch bei uns gilt: Der Grund für die Lockerung bei uns ist, dass die befürchtete Überlastung der Gesundheitsinfrastruktur auch ausgeblieben. Weil Omikron weniger schwere Verläufe produziert. Weil die Corona-Maßnahmen die steile Kurve der Ansteckungen abgeflacht haben.
Der Omikron-Höhepunkt ist überschritten, stellt auch Mahner Lauterbach fest. Trotzdem ist die Impflücke zu groß. Deswegen verdammt noch, strengt euch an: Kreativität ist gefragt, und nicht eine humorlose Anzeigenkampagne. Statdessen: Geht in die sozialen Brennpunkte. Nehmt Dolmetscher mit. Schreibt Briefe. Macht Hausbesuche.
Es ist indes nicht sicher, dass die gegenwärtige Tendenz der fallenden Inzidenzen anhält. Thorsten Lehr, Modellierer und Professor für Klinische Pharmazie, befürchtet, dass die geplanten Lockerungen Ende März erneut zu einem starken Anstieg der Fallzahlen führen.
Corona-Alaaf!
Es geht jetzt darum, die Fehler zu vermeiden, die wir im vergangenen Sommer gemacht haben. Also bitte nicht der trügerischen Freude frönen, dass angesichts fallender Infektionszahlen Corona vorbei ist. Mit Herbst und Winter drohen neue Wellen und Varianten. Es geht jetzt, darum langfristige Perspektive zu entwickeln, um Freiheit und Gesundheitsschutz zu kombinieren. Klar ist auch, dass die Eigenverantwortung bleibt. Also Maske tragen in Innenräumen und da, wo viel Menschen dicht gedrängt sind.
Ja, und wie steht es mit Fasnacht und Karneval? Feiern, schunklen, saufen alles erlaubt? Nicht überall. Aber mit 2 G plus wie zum Beispiel im Köln. Die Narren haben sich durchgesetzt. Das Stadtgebiet von Köln ist eine sogenannte Brauchtumszone. Aber wer soll die Zugänge kontrollieren. Die feiernden Jecken selber? Ja, dann Corona-Alaaf!
Freiheit und Logik
Und was ist mit der allgemeinen Impfpflicht? Auf den ersten Blick scheint es unlogisch, die Corona-Maßnahmen weitgehend abzuschaffen und gleichzeitig Ungeimpfte zum Impfen zwingen zu wollen. Aber es geht doch darum, wieder ein normales öffentliches Leben wieder herzustellen. Für alle, auch für Ungeimpfte.
Indes im Herbst droht höchstwahrscheinlich eine neue Corona-Welle, verbunden erneut mit rigiden Beschränkungen für Ungeimpfte. Diese Einschränkungen wollen jedoch Ungeimpfte nicht, sie wollen ihre Freiheit wieder und eben Lockerungen sofort.
Das bedeutet doch, wer jetzt möglichst umfassend lockern will, müsste logischerweise für eine allgemeine Impfpflicht sein, und nicht dagegen. Das müsste selbst der FDP einleuchten. Allerdings, ich fürchte, notorische Coronaschwurbler wie Kubicki und andere in der FDP sind nicht zu überzeugen.
Kompetenter Designer
Malkurs in München. Diesmal geht es endlich um digitales Malen mit dem Programm Procreate. Lehr-Angebote zu diesem Thema gibt es äußerst selten, es scheint nicht so beliebt, bzw. verbreitet zu sein. Hatte mich bereits zu zwei Kursen in anderen Städten angemeldet, die wieder abgesagt worden waren, weil sich zu wenig Teilnehmer angemeldet hatten.
Diesmal klappt’s an der Münchner Volkshochschule. Kursleiter Florian Scheuerer nennt sich Kommunikations-Designer und hat einen Lehrauftrag ab der Fakultät für Design an der Münchner Hochschule. Ein äußerst kompetenter Mann, leider ohne pädagogische Ausbildung wie viele andere VHS-Dozenten auch.
Keine Übungsaufgaben
Zunächst hält er ein überlangen, psychologisch angehauchten Vortrag über Kunst im allgemeinen und die immerwährende Angst vieler Künstler, nicht gut genug zu sein. Überhaupt trägt er gerne vor, demonstriert ausführlich, wie in einem Porträt Augen, Mund und Nase gezeichnet werden. Und was die meisten Anfänger falsch machen und wie es richtig aussieht. Das gilt natürlich fürs analoge wie fürs digitale Malen.
Übungsaufgaben gibt es leider nicht, jeder doktort vor sich hin. Bedauerlich, dass der nette Florian nicht, bzw. äußerst selten herumgeht und individuell korrigiert. Sein Grund: Angst sich zu infizieren. Verständlich, hat doch der gute Mann ein frisch geborenes Baby zu Hause. Hätte er den Kurs eben absagen müssen, finde ich.
Unter diesen Umständen trauen die Teilnehmer sich kaum, mit ihren Ipads an seinem Tisch zu kommen mit der Bitte um ein Feedback für ihre Zeichnungen. Meine Ausbeute ist entsprechend mager. Eineinhalb Porträts in zwei Tagen. Zu wenig. Schade eigentlich.