Januar 2022 | 16 – 31. Januar

Laufenlassen, Augen zu und durch. Warum die Regierung gegenüber Omikron kapituliert. Astronomische Preise für Gas, Benzin und Strom: Warum Putin nicht (allein) Schuld ist und die Politik zu wenig tut.

Inhaltsverzeichnis

Frierende Familien

Explosionen überall: Omikron-Inzidenzen über Tausend. Das ist bitter. Aber wegen des milden Verlaufs – noch – verkraftbar. Es sei denn, die Infrastruktur bricht zusammen, wenn zu viele Menschen gleichzeitig an Omikron erkranken und in Quarantäne kommen.

Schlimmer schockieren viele Bürger derzeit die Energiepreise: Explodierende Preise für Gas, Benzin und Strom. Rund 2000 Euro mehr pro Jahr müssen deutsche Durchschnitts-Haushalte künftig mehr berappen. Menschen mit wenig Geld belastet das ganz besonders. So manche Familie stellt jetzt schon die Heizung runter, friert, um die anstehende Rechnung zu bezahlen.

Soziale Kälte

Und was macht die Regierung? Zögert, wartet. Wie bei der Corona-Politik. Die neue Ampelkoalition sieht das anders. Wir tun doch was, sagt sie. Da sei erstens der Heizkostenzuschuss für Wohngeldbezieher. Jedoch beziehen nur knapp zwei Prozent aller Privathaushalte in Deutschland Wohngeld. Der Heizkostenzuschuss soll bis zu 245 Euro für einen 4-Personenhaushalt betragen. Lächerlich. Ein Tropfen auf den heißen Stein.

Von den steigenden Energiekosten sind weitaus mehr Menschen mit geringem Einkommen betroffen. Der Anteil der Kosten für Wohnenergie an den Gesamtausgaben ist in Haushalten mit einem Nettoeinkommen bis zu 1300 Euro mehr als doppelt so hoch wie in denen von Besserverdienenden. Die explodierenden Energiepreise wird die soziale Kälte im deutschen Winter auf eine neuen Tiefpunkt bringen.

Habecks Versprechen

Zweitens: Grünen-Minister Robert Habeck hat zwar angekündigt, die EEG-Umlage spätestens bis 2023 abzuschaffen. Die Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz fällt für alle Stromverbraucher in Deutschland an und wird als staatlicher Teil der Stromkosten erhoben.

Angesichts der explodierenden Energiekosten soll die EEG-Umlage früher fallen, verspricht Habeck. Immerhin, er reagiert. Wenn die Umlage denn wirklich wegfällt, hat dann ein 4-Personenhaushalt 150 Euro mehr im Portemonnaie. Kleinvieh macht auch Mist. Vorteil: Die Umlage betrifft alle Haushalte, arme wie reiche.

Über Nacht ohne Strom

Da ist noch eine dritte Baustelle. Auch die Bundesregierung hat inzwischen gemerkt, dass Hunderttausende deutscher Haushalte bei Strom und Gas doppelt abgezockt werden. Von Billiganbietern und von Grundversorgern. Erst saftige Preiserhöhungen, wenig später haben Dutzende von Billiganbietern ihre Strom-, bzw. Gaslieferung eingestellt. Ohne Vorwarnung. Quasi über Nacht. Glück im Unglück: Wenn ein Anbieter nicht mehr liefert, rutschen die Kunden automatisch in den Tarif des örtlichen Grundversorgers.

Abzocke

Die zweite Abzocke: Einige örtliche Energielieferanten lassen die Neukunden kräftig bluten. Mit Sondertarifen zum Teil bis zum doppelten und sogar dreifachen Preis. Aufsichtsbehörden wie das Kartellamt tun nicht nichts dagegen.

Jetzt verspricht die Bundesregierung zu handeln. Sie will diesem unlauteren Gebaren einen Riegel vorschieben. Kündigungen von Stromanbietern sollen einen Vorlauf von drei Monaten haben. Außerdem sollen Grundversorger ihren Neukunden langfristig dieselben Tarife anbieten wie den Altkunden. Nur drei Monate sollen Tarife von Neu- gegenüber Bestandskunden abweichen dürfen. Hört sich mutig an. Mal sehen, was die Monopolisten dazu sagen.

Entlastung sofort!

Wo bleibt eigentlich das vollmundig angekündigte Energie- oder Klimageld? Mit der Zahlung sollten eigentlich die Einnahmen aus dem gestiegenen CO2-Preis auf Kraft- und Brennstoffe teilweise an die Bevölkerung zurückgegeben werden. Mittelfristig wolle man nun ein solches Energiegeld einführen, hat jüngst der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck gesagt. Nebulös und in jedem Fall zu spät! Genauso wie alle angekündigten und gutgemeinten sozialen Ausgleichsmaßnahmen. So kommen einkommensschwache Haushalte nicht über den Winter. Sie müssten sofort entlastet werden.

Böser Putin?

Eine ganz andere Frage. Wer ist eigentlich Schuld an den gestiegenen Energiekosten? Nein, nicht der Klimaschutz und auch nicht der böse Putin. Jedenfalls nicht allein. Sondern, wenn man es banal sagen will, vor allem der Markt. Hohe Nachfrage und ein nicht ausreichendes Angebot. Die Wirtschaft erholt sich – trotz Pandemie -deutlich schneller als erwartet. Entsprechend erhöht sich die Energie-Nachfrage, das Energie-Angebot aber nicht. Entsprechend steigen die Preise.

Das sind die Gesetzes des Marktes, bzw. des Kapitalismus. Eine Teilschuld trifft das Erdölproduzentenkartell OPEC. Es hat nicht wie oftmals in der Vergangenheit die Ölförderung erhöht. Wegen dieser Verknappung explodieren die Preise für Öl. Und weil der Gaspreis an den Ölpreis gekoppelt ist, explodieren auch die Preise für Gas.

Putin, bzw. die staatliche Gazprom trifft in sofern Schuld, das sie zwar alle laufenden Lieferverträge auf niedrigstem Niveau erfüllen. Jedoch liefert die russische Gazprom kein Gas zusätzlich, obwohl der Gashunger in Europa groß ist. Stattdessen verkauft Gazprom Gas zu höheren Preisen an China und Indien. Auch das ist Kapitalismus.

Richtiges Signal

Unabhängig von der Schuldfrage – das Grundproblem ist doch folgendes: Wenn Deutschland und Europa es ernst meinen mit dem Klimaschutz, muss sich Energie verteuern. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Wenn nichts oder zu wenig geschieht, erleidet der Planet in absehbarer Zeit den Hitzekollaps. Grüne erneuerbare Energie schützt nicht nur unser Klima. Sie ist auf Dauer günstiger und international wettbewerbsfähiger als fossile Energie. Insofern sind die hohen Preise für fossile Energieträger das richtige Signal zur richtigen Zeit.

Teuerung notwendig

Klimaschutz wollen alle. Das ist Konsens. Aber er darf vor allem eines nicht: weh tun. Aber das muss er. Daran müssen sich alle gewöhnen. Die Frage dabei ist: Wie sehr darf es wehtun und vor allem, wen trifft es am ärgsten? Deshalb nochmals: Es macht keinen Sinn, fossile Energie künstlich wieder billiger zu machen. Etwa durch kurzfristige Senkung der Energie-Mehrwertsteuer. Davon profitieren doch nur die, die es eh schon haben.

Die Politik steht vor einem Spagat. Einerseits muss sie die Menschen von der Notwendigkeit steigender Energiepreise überzeugen. Ehrlich und nachvollziehbar. Andererseits muss sie bedürftigen Haushalten unter die Arme greifen, damit sie ihre Energierechnungen bezahlen können. Jetzt! Die Politik darf es sich nicht leisten, weiter die Menschen zu frustrieren. Wenn sie jetzt nicht schnell und unkompliziert handelt, wird es künftig umso schwieriger, fossile Energie schrittweise zu verteuern. 

Mangelwirtschaft

Es ist wie gehabt: Auch die neue Regierung hat keine klare Coronastrategie, sondern verheddert sich in Widersprüchen und untauglichen Anordnungen: Beispiel die neuen Quarantäne-Regeln. Sie sollen die Infrastruktur schützen. Ob das klappt, ist fraglich. Sobald Feuerwehr, Kliniken oder Energieversorger wegen fehlender MitarbeiterInnen lahmgelegt werden, gilt die Quarantäne nicht mehr.

Beispiel Gesundheitsämter: Sie geben die Nachverfolgung auf. Geht nicht mehr. Zu viele Fallzahlen, fehlendes Personal. Niederlagen und Mangel auf allen Ebenen. Beispiel PCR-Tests: Gibt es fortan nur noch für die kritische Infrastruktur und besonders gefährdete Altersgruppen. Der Grund: Deutschland kann nicht genügend PCR-Tests auswerten.

Die anderen machen’s besser. Während hierzulande zuletzt 25 PCR-Tests pro Woche und 1.000 Einwohner gemacht wurden, waren es in Dänemark 240 und in Österreich gar 400. Die unzureichende PCR Kapazität hat indes die Vorgängerregierung zu verantworten.

Omikron rauscht durch

Die Leidtragenden sind mal wieder die Kinder. Omikron rauscht durch die Schulen wie ein Orkan. Und die Politik schaut zu. Tut nichts, um die Kinder zu schützen. Im Gegenteil: keine PCR-Tests mehr, keine funktionierende Kontaktnachverfolgung. Von behördlicher Unterstützung bei der Umsetzung von Infektions-Schutzmaßnahmen ganz zu schweigen. Unfassbar!

Zwar werden Kinder kaum ernsthaft krank. Jedoch, wenn sie es werden, können sie unter Langzeitfolgen leiden. Davor warnt auch Gesundheitsminister Lauterbach. Da passt es überhaupt nicht zusammen, wenn Schulkindern jetzt der PCR-Test vorenthalten wird.

Lauterbach eiert herum

Auch auf zwei anderen Gebieten eiert Lauterbach herum. Das Robert-Koch-Institut (RKI) verkürzt den Genesenenstatus überraschend von sechs auf drei Monate. Und das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) entscheidet ebenso überraschend, dass Bürger mit einer Impfung des Vakzins von Johnson & Johnson nicht länger als vollständig geimpft gelten.

Für beide Institute ist Lauterbach der Dienstherr. Also muss er den Kopf hinhalten. Auf einen Schlag gelten Millionen Menschen als ungeimpft. Kein Wunder, dass der Ärger über Lauterbach und die kurzfristigen und unangekündigten Verordnungen groß ist.

Der TV-Profi und Lanz-Dauergast gelobt jetzt Besserung in Sachen Kommunikation. Und dann malt er auf der einen Seite das Schreckgespenst von 600 000er Inzidenzen für Mitte Februar an die Wand, auf der anderen Seite erwartet er anschließend sinkende Fallzahlen. Ja, was denn nun?

Kontrollverlust

Der eigentliche Hintergrund: eine fehlende Strategie. Die Politik kommt gegen 16 Millionen ungeimpfte Erwachsene nicht an, lässt aber jetzt Infektionen zu. In der Hoffnung, dass die Omikron-Welle bei uns eher mild verläuft.

Mehr als ums Impfen zu betteln und auf darauf zu warten, dass der Bundestag die allgemeine Impfpflicht beschließt, fällt der Regierung nicht ein. Frei nach dem Motto: laufen lassen und hoffen. Fazit: Die Politik hat die Kontrolle verloren, kapituliert gegenüber Omikron. Einer Politik, die den Mangel verwaltet, bleibt eben nur noch die Hoffnung.

CDU-Programm: heiße Luft

Nach oben