März 2021 | 1. – 14. März
Endlich, die Corona-Matte ist weg. Hab Glück gehabt und einen günstigen Zeitpunkt erwischt bei meinem Lieblingsfriseur.
Seit Anfang März haben Friseure offen und Blumenläden. Wieso eigentlich gerade die? Was machen die anders als Restaurants, Einzelhandel oder Kulturveranstalter.
Die haben bestimmt ein genauso funktionierendes Hygienekonzept. Aber die müssen noch zu bleiben. Keiner weiß so genau warum. Dennoch, die Lockerungsdiskussion nimmt Fahrt auf. Jeder zweite Deutsche sehnt sich nach Öffnung, heißt es in Umfragen.
Stimmt das wirklich?
Da gibt es in den gleichen Umfragen noch die andere Hälfte, die eher vorsichtig ist. Schließlich sitzt uns die englische Virus-Mutation im Nacken.
Inhaltsverzeichnis
Keine Spur von Impfturbo
Die ihm geschuldete Inzidenz hält sich drohend bei über 60. Tendenz steigend. Und beim Impf-Drama keine Spur von Impfturbo. Immer noch sind gerade mal 3 Prozent der Bevölkerung geimpft.
Drei Monate nach dem Impfstart! Doch offenbar gibt die Politik dem Lockerungs-Druck jetzt nach. Sie verabschiedet am 3. März einen Lockerungs-Stufenplan. Vorsichtige Öffnung in fünf Schritten Bei gleichzeitiger Verlängerung des Lockdowns bis Ende März.
Hallo, was ist das denn? Ein Widerspruch in sich.
Lockerung bei gleichzeitig steigenden Fallzahlen! Einige Experten warnen: Wir befinden uns bereits am Anfang einer dritten Welle. Trotzdem öffnet die Politik und hofft gleichzeitig auf das endlich funktioniert, was bisher nicht funktioniert.
Spahn setzt auf seine neue Wunderwaffe: massenhafte Antigen-Schnelltests. Kommen die wirklich schnell und in Massen? Beim Schnelltest hast du dein Ergebnis in 15 Minuten. Klar, wenn du positiv getestet wirst, weißt du, was du zu tun hast.
Nach Hause, kein Kontakt mit anderen. Meldung ans Gesundheitsamt. Quarantäne.
Risiko Aldi-Schnelltest
Aber macht das auch jeder, der einen Schnelltest bei Aldi kauft? Experten wissen, dass Corona-Schnelltests nicht alle Infektionen erkennen.
Du kannst also beim Schnelltest negativ getestet werden. Dann sagst du dir, super alles gut, ich bin frei, kann die Sau rauslassen. Doch du kannst tatsächlich infiziert sein. Wirkliche Sicherheit bieten nur PCR-Tests, wobei ein Labor die Abstrich-Proben analysiert.
Schnelltests sind nur ein zusätzliches punktuelles Instrument, die Infektionsketten zu brechen, in dem die positiv Getesteten sofort isoliert werden. Aber besser Schnelltesten als gar nicht testen.
Wobei die Schnelltests wie alles andere, was unsere Regierung anpackt, viel zu spät kommen. Spahn hat angekündigt, dass jeder, der will, sich kostenlos einmal pro Woche in Apotheken testen lassen kann.
Und zwar von Anfang März an. War wohl nix. Jetzt haben wir Mitte März und nix passiert! Dabei sind die Tests seit November vergangenen Jahres auf dem Markt. Österreich und England haben gleich zugegriffen und testen seitdem erfolgreich ihre Bevölkerung.
Warum dauert es bei uns alles so lange? Wir sind eben ein Volk von Bürokraten, Zauderern – und Nörglern.
Wahlen begünstigen Lockerung
Öffnung von Museen, Kulturveranstaltungen und Einzelhandel ab einer Inzidenz von unter 50.
Halleluja!
Einzelhandel und Gastronomen motzen trotzdem. Wollen mehr öffnen, am liebsten sofort. Ein Spiel mit dem Feuer. Die sollen doch über den kleinen Öffnungsbonbon und die Aussicht auf mehr Öffnung froh sein.
Überhaupt woher kommt der Sinneswandel der Regierung nach vorsichtiger Öffnung? Sicherlich spielen die Ermüdung nach fünf Monaten Lockdown und die vielen Rufe nach Öffnung und mehr Freiheit eine nicht unerhebliche Rolle.
Aber entscheidender sind die unmittelbar bevorstehenden Landtagswahlen im Baden Württemberg und Rheinland Pfalz. Da will jede der Regierungsparteien mit den Öffnungsbonbons Wählerstimmen ködern.
Und in vielen Städten und Landkreisen haben wir den Salat: Da öffnen die Läden gerade mal drei Tage und schwupp klettern die Inzidenzen wieder über weit über 50! Warum hört die Politik nicht auf Leute wie Näsel-Lauterbach?
Der predigt immer wieder: Erst wenn Antigenschnelltests in ausreichender Stückzahl zur Verfügung stehen, kann man öffnen! Und nicht umgekehrt!
Heißes Eisen Impfpass
Nächste Problemzone: Sollen Geimpfte mehr Freiheiten bekommen?
Dürfen Geimpfte früher als Nichtgeimpfte in den langersehnten Urlaub fahren? Ein heißes Eisen, eine schwierige Entscheidung, worüber hitzig diskutiert wird.
Was ist mit denen, die vorsichtig sind, die die sich nicht impfen lassen wollen?
Dürfen die sogenannten Impfgegner nichts mehr?
Haben die selber Schuld, wenn sie sich nicht impfen lassen?
Werden die Impfgegner zu Menschen zweiter Klasse?
Und ist der Impfpass, den die Israelis schon haben und den Österreicher und Dänen auch einführen wollen, wirklich eine adäquate Lösung für eine Demokratie in Pandemie-Zeiten?
Fragen über Fragen.
Lavendelfeld am Mount Ventoux
Ich klinke mich da erstmal aus bilde mir meine Meinung später und hole mir lieber Urlaubsstimmung nach Hause in mein Atelier. Habe ein inspirierendes Sommerfoto im Internet gefunden. Lavendelfeld am Mount Ventoux.
Leuchtendes Violett. Kristallblauer Himmel. Der Mount Ventoux leicht mit Schnee bedeckt, wie mit Zuckerguss bestreut. Verdammt schön. Die Berghänge blaugrün changierend. Es dauert eine Weile, bis ich den richtigen Farbton treffe.
Das Lavendelfeld grundiere ich mit Rosa-Violett und tupfe mit einem kleinen Schwamm die Blüten auf. Weiß lockert auf und bringt Struktur in die schnurgeraden Beete. Ein anmutiges Bild, das Lust macht, dort ein paar Tage zu verbingen.
Vielleicht wage ich ja einen Aufstieg auf den Mont Ventoux. Wie einst der italienische Philosoph Petrarca, der auf dem Gipfel über den Sinn des Lebens nachdachte und zu sich selber fand.
Übrigens Peter Handke soll den Berg auch bestiegen haben. Sogar zweimal. Mal sehen. Ich glaube, einmal reicht.
Gespaltene Gesellschaft
Zurück zum Impfpass: Ich bin geteilter Meinung. Klar, auf der einen Seite wollen die, die Covid durchgemacht haben und jetzt immun sind, so schnell wie möglich ein „normales“ Leben führen.
Das gilt auch für die, die im Interesse ihrer eigenen Gesundheit und der Allgemeinheit sich haben impfen lassen. Aber was ist mit der gesellschaftlichen Solidarität und der Gerechtigkeitsfrage?
Diejenigen, die schon geimpft sind, haben früher den Schutz erhalten und könnten früher ihre Freiheitsrechte zurückbekommen. Könnten also früher in Restaurants, in den Urlaub oder auf Konzerte gehen.
Manche Gastronomen und Veranstalter haben schon angekündigt, dass sie nur Geimpfte reinlassen. Privatrechtlich dürfen die das. Aber moralisch/ethisch klingt das verwerflich. Griechenland will auch nur Geimpfte reinlassen.
Italien und Spanien überlegen noch. Was geht da denn ab? Ein doppelter Vorteil für die Geimpften. So ähnlich wie ein Lottogewinn. Und auf der anderen Seite ein doppelter Nachteil für die, die erst später, gar erst im Sommer dran sind.
Also die Gruppen vier und fünf, junge Menschen, Jugendliche und Kinder. Ob die sich das gefallen lassen? Wollen wir wirklich die Spaltung in der Gesellschaft in Geimpfte und Nichtgeimpfte riskieren?
Das kann niemand wollen Anderseits muss man auch sehen, dass die Geimpften eben nicht nur sich schützen, sondern auch andere.
Aber darf das mit weitreichender Freiheit belohnt werden, während andere in die Röhre schauen?