Februar 2023 | 1. – 14. Februar

Ukraine: Mehr Lula wagen! Warum Friedensverhandlungen jetzt notwendig sind. Und: Shitstorm gegen Jounalistin, Zensur beim MDR. Außerdem: Warum der Wohnungsbau ein Sondervermögen braucht, jedoch die FDP dauernd blockiert.


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Inhaltsverzeichnis

Kampfmatrone Marie-Agnes

Die Leopard-Lieferung an die Ukraine: Was war dafür ausschlaggebend? Das ist genauso schwierig zu beantworten wie die Frage, was war zuerst da? Die Henne oder das Ei? Wahrscheinlich beides. Auf der einen Seite die erfolgreichen stillen und stoischen Verhandlungen des unkommunikativen deutschen Bundeskanzlers.

Auf der anderen Seite der Druck der agressiven deutschen und polnischen Medien sowie der waffenbegeisterten Politiker und Politikerinnen, allen voran der Druck der Kampfmatrone Marie-Agnes Strack-Zimmermann.

Kampfjets (noch) nicht

Und nun? Gut für die Ukraine. Trotzdem bleibt die Frage: Wie weit soll die deutsche Militärhilfe noch gehen? Kampfjets, wie sie Selenski vehement fordert? Zum Glück bleibt da der Kanzler besonnen und hart. Never, sagt er (noch).

Mehr sagt er nicht. Er sagt nicht, wie er zu der Leopard-Entscheidung kam. Er sagt, was er immer sagt. Nämlich nichts, jedenfalls nicht konkretes. Allenfalls, dass er gemeinsam mit den Verbündeten entscheidet und dass er eine weitere Eskalation des Krieges verhindern will. Das ist gut.

Kriegsziel

Aber es genügt nicht. Scholz muss erklären, warum er was macht und was nicht macht. Er muss erklären, welche Rolle Deutschland bei der Verteidigung der Ukraine spielen soll. Unterstützen mit allen Möglichkeiten zur Verteidigung?

Aber bis wohin, was ist das Ziel? Dass die Ukraine gewinnt und sie die Russen dorthin zurückt treibt, wo sie herkommen? Dass die Ukraine die widerrechtlich annektierten Gebiete zurückerobert, einschließlich der Krim? Das wäre nur möglich mit einer Armada modernster westlicher Kampfpanzer und eventuellen Kampfjets.

Wir, die Bevölkerung sind jetzt schon verunsichert und gespalten wegen der Leopard-Lieferung. Eine Hälfte der Deutschen befürwortet die Panzerlieferung und sieht sie als Beitrag zur Friedenssicherung an. Die andere Hälfte fürchtet, dass damit die rote Linie überschritten und Deutschland zur Kriegspartei geworden ist.

Keine Rücksicht

Mit jedem Tag, den dieser Krieg andauert, steigt nicht nur die heute schon entsetzlich hohe Zahl seiner Opfer. Seit Beginn des Krieges 200 000 Tote und verletzte Soldaten auf beiden Seiten. Mindestens 20 000 ukrainische Zivilsten sind tot oder verletzt. Darunter nach Zählungen des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte (OHCHR) 850 Kinder. Furchtbar.

Putin nimmt in seinem Wahn, die Ukraine völlig zu zerstören, keine Rücksicht. Weder auf Zivilisten, Kinder, Infrastruktur und Kulturgüter. Nach der westlichen Panzerlieferung droht er erneut mit Eskalation. Selbst einer atomaren. Hat er schon ein paar Mal gemacht.

Eskalation

Aber zum Glück nicht eingesetzt. Natürlich benutzt Putin seine Nuklearwaffen, um uns, den Westen, einzuschüchtern. Es heißt immer, Hunde, die bellen, beißen nicht. Aber sich darauf zu verlassen, dass Putin es nur bei Drohungen belässt, wäre fahrlässig.

Ganz besonders, wenn in nächster Zeit doch Kampfjets geliefert würden. Das schließen schließlich Frankreich und Großbritannien nicht aus. Ich halte die Gefahr einer Eskalation des Krieges für real und kann die Haltung vieler meiner Mitmenschen nicht verstehen.

Ich verstehe, dass viele Angst haben. Aber, was ich nicht verstehe, ist die Einseitigkeit ihrer Sichtweise, dass der Krieg nur dann ein Ende hat, wenn Putin militärisch besiegt ist.

Abnutzungskrieg

Das bedeutet für die Zukunft eine monatelange, immer mörderischere Abnutzungsschlacht in der Ukraine, bei der niemand weiß, wann und wo sie endet, und ob der Sieger wirklich Ukraine heißt.

Das ist unreflektiertes militärisches Denken, das keine anderen Haltungen und Meinungen mehr zulässt. Es wird suggeriert, alles andere sei alternativlos. Als wenn es nur die eine richtige Meinung gäbe, nämlich die, die auf den militärischen Sieg der Ukraine setzt.

Diejenigen, die sich für Waffenstillstand und Frieden einsetzen, werden als Putinversteher und fast schon als Verbrecher denunziert. Das habe ich in meinem Bekanntenkreis tatsächlich erlebt. Da ist es für sachliche und fundierte Diskussionen schon zu spät. Verdammte Scheiße, dass es soweit gekommen ist.

Shitstorm gegen Journalistin

Ähnliche Vorwürfe sowie einen unsäglichen Shitstorm in den sozialen Medien hat jetzt die Journalistin Rommy Arndt erlebt. Die MDR-Moderatorin hat in einem Kommentar gegen die Lieferung von schweren Waffen wie Kampfpanzer an die Ukraine argumentiert. Ihre Hauptthese: Damit rücke Deutschland immer näher an einen direkten militärischen Konflikt mit Russland heran. Die deutsche Regierung habe ihre Pflicht verletzt, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden. Am meisten Ärger bekam Arndt mit ihrer Behauptung, dass die streitbare Agnes Strack- Zimmermann in ihrer Freizeit viel Kontakt zur Rüstungsindustrie pflege, was, so Arndt, ihre Haltung zu Waffenlieferungen beeinflussen könnte.

MDR zensiert

Es gab heftige Reaktionen auf den Kommentar. Lob aber ebenso Kritik. Verwunderlich das Verhalten der MDR-Chefredaktion: Einerseits distanzierte sie sich öffentlich und schrieb: Sie sehe in einem Teil der Äußerungen die „journalistischen Qualitäts­kriterien nicht ausreichend berücksichtigt.“

Andererseits schrieb sie: Der Kommentar bleibe „aus Gründen der Transparenz“ jedoch unbearbeitet. Dumm nur, dass auf der Webseite des MDRs der Kommentar nicht mehr zu finden ist. Ein Schelm, der dabei an Zensur denkt!

Gefangenenaustausch

Ich finde, wer nur militärisch denkt und sagt, dass sei alternativlos, weil Verhandlungen derzeit sinnlos seien, der macht es sich intellektuell zu einfach. Es gibt immer eine Alternative, auch wenn sie manchmal mühselig und in Mäuseschritten angegangen werden muss.

Außerdem gab es schon minimale Ansätze von Vermittlungen und Verhandlungen, wenn auch nur für eine kurze Zeit. Aber sie waren erfolgreich: beispielsweise das Getreideabkommen zwischen Russland und der Ukraine. Nicht zuletzt gibt es immer wieder Vereinbarungen über Gefangenaustausch. Daraus könnte man mehr machen.

Brasilianische Initiative

Jüngst gab es erneut eine Vermittlungs-Initiative. Der brasilianische Präsident Lula da Silva bot sich bei einem Besuch des deutschen Bundeskanzlers  überraschend als Vermittler im Ukraine-Krieg an.

Brasilien ist immerhin die größte Kontinentalmacht in Südamerika und hat gute Kontakte sowohl zu Russland wie auch zu den anderen beiden großen Kontinentalmächten in Asien. Indien und China verhalten sich im Ukrainekrieg weitgehend neutral. Von beiden Staaten ist Putin abhängig, kaufen sie ihm doch riesige Mengen Öl und Gas ab.

Mehr Lula wagen

Brasilien wäre möglicherweise tatsächlich in der Lage, gemeinsam mit China und Indien auf diplomatischem Weg auf Putin einzuwirken. Mit Lula als Türöffner und Vermittler. Auf einen Versuch käme es an.

Aber daraus wird wohl nichts. Kaum war der Vorschlag auf den Tisch, wurde Lula samt seiner Iniative diffamiert und schlecht geredet. Er mache sich mit seinem Vorschlag zu Putins Büttel, verbreite Kreml-Propaganda, verbreiteten deutsche konservative Politiker und die meisten deutschen Medien. Was soll das?

Jeder Versuch, diesen verdammten Krieg zu beenden, hat eine Chance verdient. Also: Mehr Lula wagen!

Wohnungsmangel

Es brennt in Deutschland. Der Wohnungsmangel ist alarmierend. 700 000 Wohnung fehlen aktuell. Aber die Feuerwehr, in diesem Fall die Bundesregierung, rückt nicht schnell genug raus, um den Brand zu löschen. Sie verschleppt das Problem – wie die Vorgängerregierungen auch.

Die Mieten in den Städten steigen ins Unermessliche. Und sie werden immer weiter steigen, weil im Kapitalismus eben der Markt die Preise bestimmt. Das Angebot ist knapp, die Nachfrage ist groß. Riesengroß in den meisten Städten. Da gibt es gar keinen Wohnungsmarkt mehr. Er ist leergefegt.

Skandal

Wer das Glück hat, eine Mietwohnung zu ergattern, muss häufig die Hälfte seines Einkommens dafür monatlich aufbringen. Wohnen ist ein Grundbedürfnis des Menschen genauso wie das Bedürfnis nach Nahrung, Kleidung und Schutz.

Dass dieses Grundbedürfnis der Existenz im reichen Deutschland für Millionen Menschen nicht gewährleistet ist, ist ein himmelschreiender Skandal. Die Ampelregierung ist angetreten, das Wohnungsproblem schnellstmöglich anzugehen.

Die Koalition hat unter anderem versprochen, Wohnen bezahlbar zu machen und das Mietrecht nachzubessern. Im Koalitionsvertrag wurden deswegen diverse Vorhaben vereinbart.

Heiße Luft

Jetzt sehen wir, dass das alles heiße Luft war und die optimistisch gesetzten Ziele krachend gescheitert sind. Allen voran das Ziel, 400 000 Wohnungen pro Jahr zu bauen. Das hat vielfältige Gründe: Inflation, gestiegene Baustoffpreise und gestiegene Zinsen. Die Baukosten explodieren, es fehlen Fachkräfte und Handwerker.

Da verspüren Bauträger und Wohnungsunternehmen wenig Lust, Neubauten für Mietwohnungen zu errichten, weil am Ende nichts mehr für sie rausspringt. Schuld daran ist auch der Wust an Bauvorschriften, der das Bauen immer teurer macht und bis heute nicht entwirrt worden ist.

Bauvorschriften

Seit Jahren bemühen sich die fürs Bauen zuständigen Ministerien, die Bauvorschriften zu vereinfachen und zu verschlanken. Sie setzten und setzen dafür diverse Arbeitsgruppen ein, beispielsweise die „Baukostensenkungs-Kommission.“ Es folgte die Arbeitsgruppe „Standards beim Bauen.“ Bisher ohne sichtbaren Erfolg.

Noch immer müssen etwa Mauern in Deutschlands Neubauen doppelt so dick sein wie beispielsweise in den Niederlanden. Auch die neue Bauministerin, die unscheinbare Klara Gleiwitz von der SPD, hat eine Kommission beauftragt, um das Bauvorschriften-Problem anzugehen: eine „unabhängige Arbeitsgruppe zu Folgekosten und Normierungsprozessen.“

Wie befähigt kann eine Arbeitsgruppe mit einer solch bürokratischen Bezeichnung eigentlich sein, Bauvorschriften zu entwirren?

FDP blockiert

Das Problem ist paradox: Einerseits sind es der Staat und seine Bürokratie selbst, die das Bauen kompliziert und damit teuer machen.

Andererseits lässt sich die Wohnraumfrage nur lösen, wenn der Staat selbst viel stärker als Bauherr auftritt, wenn also Bund und Länder das Bauen selbst in die Hand nehmen. Das wird aber schwierig, weil in der Regierung die FDP sitzt mit einem wirtschaftsliberalen, sprich kapitalistischem Weltbild, die nichts von staatlichem Unternehmertum hält.

Die Markfixierung der FDP führt dazu, dass sie fast alle Vorhaben blockiert, die den angespannten Wohnraummarkt entlasten und mehr bezahlbare Wohnungen schaffen könnten.

Buschmann bremst

Beispiel: Der beinharte FDP-Justizminister Buschmann ist gegen die Verlängerung der Mietpreisbremse. Sie beinhaltet, dass in Städten mit angespanntem Wohnungsmarkt die Miete höchstens zehn Prozent über der örtlichen Vergleichsmiete liegen darf.

Der Mann ist gegen die Verlängerung, wie er auch gegen die eigentlich vereinbarte Senkung der Miet-Kappungsgrenze auf elf Prozent ist. Die sieht bisher vor, dass Mieten innerhalb von drei Jahren um 15 Prozent erhöht werden dürfen. Das laut Buschmann soll so bleiben.

Der Justizminister hält nichts davon, mit Mietrechtänderungen die Situation für Mieterinnen und Mieter zu verbessern. Er glaubt immer noch an die Wunderwirkung des Marktes! Armer Irrer!

Weg mit den Indexmieten!

Auch das Vorkaufsrecht für Kommunen blockiert Buschmann. Es soll Kommunen erleichtern, Grundstücke und Wohnhäuser zu erwerben, um den Wohnungsmarkt zu entspannen.

Auch an Indexmieten will Buschmann nicht ran. Das sind Mietverträge, die sich automatisch der Inflation anpassen. Steigt die Inflation, steigt die Miete. Der Mieterbund sagt, dass in Großstädten im vergangenen Jahr im Schnitt 30 Prozent sogenannte Indexmieten waren.

Viele Vermieter hätten die Situation ausgenutzt und die Mieten bis zu 15 Prozent erhöht. „Indexmieten müssen begrenzt werden, am besten gleich weg“, fordert der Mieterbund. Keine Chance bei Buschmann.

Zeitenwende für Wohnraum!

Aber es hilft nichts. Um die aktuelle Wohnungskatastrophe zu beheben, muss der Wohnungsbau öffentlich gefördert werden. SPD und Grüne, die mehr auf der Seite der Mieter stehen, müssen sich endlich gegen die Marktfetischisten der FDP durchsetzen.

Was fürs Militär gilt, muss erst recht für Mieterinnen und Mieter gelten: Für bezahlbaren Wohnraum muss eine Zeitenwende her. Die 50 Milliarden Euro, die ein Bündnis aus Mieterbund, Baugewerkschaft, Sozialverbänden für den sozialen Wohnungsbau fordert, sind viel zu wenig.

Geld ist offensichtlich da. Nämlich genau 800 Milliarden Euro. Die sind für den Ausbau des Kanzleramts in Berlin vorgesehen. Ein Projekt, unsinnig wie ein Kropf. Das Geld wird dringend woanders gebraucht: für die Schaffung von bezahlbaren Wohnungen.

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