Januar 2024| 16 – 31. Januar

Demos gegen Rechts: Wie der Protest gegen die AfD erfolgreich weitergeführt werden kann. Bahn-Streik: Warum der Bahnvorstand sich nicht mit der renitenten GDL einigen will. Kinderfreibetrag: Warum die Anhebung ungerecht und ein falsches Signal ist.


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Inhaltsverzeichnis

Demos gegen Rechts

Hunderttausende Menschen gehen plötzlich auf die Straße, demonstrieren gegen Rechtsextremismus und für Demokratie. Selbst in kleinen Orten, etwa im als braun verrufenen Sachsen, gibt es Demos gegen die AfD. 

Die Welle des Protests gegen Rechtsradikalismus und drohenden Faschismus scheint nicht abzuebben. Was ist mit uns Deutschen los? Sind wir plötzlich aus der Schockstarre gegenüber der AfD aufgewacht? Endlich, muss da sagen. 

Dabei schien es lange so, als rücke Deutschland unaufhaltsam nach rechts. Und niemand tat es etwas dagegen – bis jetzt. Bis die schockierenden Berichte über die Vertreibungspläne der AfD öffentlich wurden. Ein Erweckungserlebnis.

 

Signal gegen Ausgrenzung

Die rassistischen Deportationspläne der AfD und anderer Rechtsradikale gehen doch vielen satten Bürgerinnen und Bürgern zu weit. Menschen, die normalerweise nicht auf Demos gehen, verlassen auf einmal ihre warmen Wohnungen und protestieren gemeinsamen mit anderen, setzen ein Signal gegen Ausgrenzung und Rassismus. 

Das ist gut so. Wir waren zu lange zu bequem und blauäugig. Während in unseren Nachbarländern rechtsradikale Parteien einen Wahlsieg nach dem anderen feiern, haben wir gedacht, wir sind gefeit gegen die recht Brut. Passiert schon nicht bei uns. Weit gefehlt.

 

Umsturzpläne

Die tödliche Gefahr von Rechts ist uns seit langem bekannt und erschreckenderweise spürbar. Siehe die Morde in Hanau oder die Ermordung des liberalen CDU-Politikers Walter Lübke. Es gibt unzählige Recherchen über rechtsextreme Umsturzpläne. Trotzdem geht die Talfahrt nach Rechts unaufhaltsam weiter. 

Jetzt ist die AfD endgültig in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Wahlerfolge der AFD in Hessen, hohe Umfragewertem im Osten. Da ist es verwunderlich, dass sich erst jetzt Protest und Aufbegehren gegen AFD und Rechtsradikalismus erhebt. Aber besser zu spät als gar nicht.

 

Spontane Protestwelle

Trotzdem muss man sich viele Fragen stellen. Klar ist es ein gutes Gefühl, mit Tausenden Gleichgesinnten gegen Rassismus und Demokratiefeindlichkeit zu demonstrieren. Aber wie geht’s weiter? 

Kann aus den Protesten und Demos eine breite Bewegung gegen Rechts entstehen? Ein tragfähiger Zusammenschluss aller Demokraten? Die jetzige Protestwelle ist eine spontane Angelegenheit, die nicht organisiert und wochenlang vorbereitet war – weder von Parteien noch Gewerkschaften. 

Es sind unzählige kleine gesellschaftliche Bündnisse, sich spontan aufgemacht haben gegen Rechtsradikalismus aufzustehen: Religionsgemeinschaften, Kirchen, Vereine, Wohlfahrtsverbände, Kultur- und Bildungseinrichtungen sowie Netzwerke wie Omas gegen rechts. Das ist und bleibt super.

 

Dialog muss sein

Bleibt zu hoffen, dass die Protestwelle nicht nur ein Strohfeuer ist und die spontan entstandenen gesellschaftlichen Bündnisse weitermachen. Aber das ist erfahrungsgemäß nicht so. Dennoch muss der Aufstand gegen Rechts weitergehen. 

Jeder einzelne aufrechte Demokrat ist jetzt gefragt und gefordert. Den harten Kern der Rechtsextremisten jucken die Proteste nicht, sie fühlen sich in ihrer Opferrolle eher bestärkt. Es geht darum, die anderen zu erreichen: die Unzufriedenen, die Zweifelnden. Die, die AfD aus Protest und Verunsicherung wählen. 

Davon gibt es leider mittlerweile viele unter Kolleginnen und Kollegen, sogar im Freundes- und Bekanntenkreis. Mit ihnen muss man reden, sich ihre konkreten Probleme anhören und versuchen zu verstehen, warum die demokratischen Parteien keine Alternative für sie sind. 

Es geht darum aufzuzeigen, dass die AFD eben keine Kümmererpartei ist, sondern menschenfeindlich, rassistisch und antidemokratisch. Es wäre schon viel erreicht, wenn Menschen, die sich bisher vorstellen konnten, AfD zu wählen, sich jetzt fragen, ob das wirklich eine gute Idee ist.

 

Bahnstreik

Scheiß Bahnstreik, er nervt! Sechs Tage legt die Lokführergewerkschaft GDL das ganze Land lahm. Wut und Zorn überall. Bei Pendlern, Urlaubsreisenden und der Wirtschaft. Viele haben kein Verständnis mehr für den Streik. 

Alle schimpfen auf den GDL-Gewerkschaftsführer Claus Weselsky: Betonkopf, stur, nicht kompromissbereit, rücksichtslos. Maßlos in seinen Forderungen. Einer, der sich kurz vor seiner Pensionierung ein Denkmal setzen will. 

Sicherlich ist Weselsky mit seinem Auftreten nicht ganz unschuldig an dieser Charakterisierung durch die Medien. Allerdings gehören zu einer Tarifauseinandersetzung zwei Verhandlungspartner. Jedoch in diesem Fall ist das Wort Partner falsch.

 

Unzureichendes Angebot

Der Verhandlungsführer und Bahnvorstand bei der Bahn, Martin Seiler, und der Gewerkschaftsführer Claus Weselsky sind Feinde, hassen sich wie die Pest. Und wenn Weselsky als kompromisslos gilt, dann ist es der Bahnvorstand auch. Es ist zwar richtig, dass Seiler jüngst der GDL ein Angebot gemacht hat. 

Allerdings liegt das Angebot offenbar noch unter dem Abschluss, den die Bahn im vergangenen Jahr mit der EVG gemacht hat. Das ist die andere größere Gewerkschaft bei der Bahn, mit der die kleinere GDL konkurriert. Es ist verständlich, dass Weselsky einen gleichwertigen Abschluss wie die EVG erzielen will.

 

Kompromiss möglich

Völlig unverständlich ist hingegen Folgendes: Private Bahngesellschaften wie die Abellio Rail Mitteldeutschland sowie die Westfalen-Bahn haben sich mit der GDL erst kürzlich auf die schrittweise Arbeitszeitabsenkung auf die 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich geeinigt. 

Das ist genau das, was Weselski für seine Lokomotivführer bei der DB auch erreichen will und was der Bahnvorstand bislang hartnäckig verweigert. Da fragt ich mich, warum? Es drängt sich der Verdacht auf, dass es dem Bahnvorstand nicht so sehr um einen Tarifabschluss mit der GDL geht, sondern darum, sie in der Öffentlichkeit als unberechenbare Streithammel desavouieren. 

Andererseits ist Weselsky mit seiner GDL drauf und dran, es sich mit der Öffentlichkeit zu verscherzen. Es ist zwar ihr gutes Recht zu streiken, aber zumindest sollte man sich mit dem Bahnvorstand wieder an einen Tisch setzen und verhandeln. Vielleicht hilft Weselsky das chinesische Sprichwort: Kannst du deinen Feind nicht besiegen, umarme ihn.

 

Neuer Ampel-Zoff

Der nächste Zoff in der Ampel: Finanzminister Lindner will den Kinderfreibetrag anheben, aber nicht das Kindergeld. SPD, Grüne und Sozialverbände schäumen und schimpfen: Ungerecht! Wieder einmal nur eine Begünstigung für Reiche! 

Die Regelung mit dem Kindergeld ist ein bisschen kompliziert und bürokratisch: Eltern bekommen automatisch entweder Kindergeld oder Freibeträge für Kinder bei der Einkommensteuer. Das Finanzamt entscheidet, was für Eltern vorteilhafter ist. Da Besserverdienende mehr Steuern zahlen, profitieren sie bei einer Entlastung überproportional.

 

Reiche profitieren

Wenn Lindner mit seinen Plänen durchkommt, den Kinderfreibetrag anzuheben, würden Familien ab einem Jahresbruttoeinkommen von mehr als 100 00 Euro deutlich profitieren. Das wäre verdammt ungerecht, denn es geht um Leistungen für Kinder. 

Es kann nicht sein, das dem Staat ein Kind von Besserverdienenden mehr wert ist als das einer Familie mit einem normalen Einkommen. Leisten etwa Spitzenverdiener bei der Kindererziehung mehr als Eltern mit geringem Einkommen? Natürlich nicht. 

Deswegen muss mit dem Freibetrag auch gleichzeitig das Kindergeld angehoben werden. Schließlich sind es gerade Familien mit geringem Einkommen, die am meisten unter der gestiegenen Inflation leiden.

Wahlgeschenk

Natürlich wäre Lindner, nicht Lindner, wenn er nicht mit dem Sparzwang argumentieren würde. Aber genau das ist infam und typisch FDP. Auf der einen Seite versucht der Sparminister händeringend Millionen einzusparen. Auf der anderen Seit spendiert er Steuererleichterungen für Wohlhabende. Da ist nichts anderes als ein Geschenk für die Klientel der FDP, die Lindner bei der Stange halten will.

3 Antworten

  1. Ich verstehe nicht, wieso du den Bahnstreik verteidigst. Da ist nichts gut daran: Millionenschäden für die Wirtschaft. Ärger und Wut bei denen, die per Bahn zur Arbeit oder zur Schule müssen. Die müssen jetzt alle aufs Auto umsteigen. Das schädigt wieder die Umwelt. Und wenn Weselsky seine 35 Stundenwoche durchbekommt, wird es noch schlimmer mit den Zugausfällen und der Unpünktlichkeit. Die Bahn kann sich die zusätzlich benötigten Lokführer doch nicht einfach aus dem Ärmel schütteln!

  2. Jetzt habe ich den Beitrag endlich gelesen. Uns allen wünsche ich, dass die Bewegung gegen Rechts anhält und dir persönlich, dass du bald wieder mitdemonstrieren kannst!

    Noch eine Sache zur AfD: Ich finde sehr viel von dem, was Union und FDP sagen, falsch. Aber um die AfD zu besiegen, müssen alle anderen demokratischen Parteien gemeinsam zusammenstehen. Wenn die Union sich auf die Seite der AfD schlägt, ist es vorbei!

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