September 2023 | 15. – 30. September

Düsseldorf: Gute Nachricht für die, die beim Schwarzfahren erwischt werden. Klimaschutz: Warum viele Menschen sich in die Tasche lügen und die Grünen jetzt den Wohlstand entdecken. Asyl: Warum Zäune und mehr Abschiebungen keine Lösung sind.


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Inhaltsverzeichnis

Schwarzfahren

Deutschland ist zur Zeit arm an positiven Nachrichten. Aber es gibt einen kleinen Lichtblick. Wenn auch regional begrenzt. Keine Strafanzeige mehr für SchwarzfahrerInnen in Bus und Bahn in Düsseldorf.

Das sieht auf den ersten Blick nicht besonders spektakulär aus, ist aber eine gute Nachricht für die, die schon oft ohne Ticket erwischt wurden. In der Regel sind das Menschen, die nicht viel Geld haben oder nicht in der Lage sind, einen Fahrschein zu kaufen – arme Menschen, Arbeitslose, Drogenabhängige.

Knast kostet

In ganz Deutschland gilt Schwarzfahren bis jetzt noch als Beförderungs-Erschleichung. Wer mehrmals ohne Fahrschein erwischt wird, bekommt eine Strafanzeige. Angesichts von Inflation, steigenden Preisen Mieten können viele Menschen, die zur einer Strafe verdonnert wurden, diese Strafe nicht zahlen. Sie kommen ins Gefängnis, oft für mehrere Monate.

Entwürdigend und demütigend. Nicht nur das: Die Gefängnisaufenthalte sind auch unsinnig und teuer. Ersatz-Freiheitstrafen im Knast kosten den Staat, bzw. uns Steuerzahler 200 Millionen Euro pro Jahr. Geld, das sinnvoller investiert werden kann und muss.

Ordnungswidrigkeit

Hoffentlich macht das Beispiel aus Düsseldorf Schule. Und andere kommunale Verkehrsunternehmen verzichten ebenso auf die unsinnige Strafverfolgung. Genauso wichtig: eine bundesweite rechtliche Regelung. Die Ampel muss dringend ein Gesetz beschließen, das Fahren ohne Fahrschein von einem Straftatbestand zu einer Ordnungswidrigkeit herabstuft.

Klimabewegung

Fridays for Future lebt noch. Das ist gut so. Immerhin gingen am jüngsten bundesweiten Klima-Protesttag erneut Zehntausende auf die Straße. Nicht mehr so viele wie früher, aber immerhin. Empörung und Wut auf die unzureichende Klimapolitik der Ampel sind noch da. Aber zeigen leider immer weniger Wirkung. Die Popularität der Klimaschutzbewegung nimmt ab.

Viele meinen, dass die Klebeaktionen der letzten Generation dazu beigetragen haben. Klar nerven die von ihr verursachten Staus viele Menschen. Gleichwohl gibt es für die Klimakleber nicht nur unter Wissenschaftlern und Intellektuellen klammheimliche Sympathien. Gerade hat ein Freiburger Unternehmer 100000 Euro an die letzte Generation gespendet.

Flugscham

Dennoch bleibt es pervers: Die Mehrheit der deutschen ist laut Umfragen für mehr Klimaschutz, meint sogar, die Regierung müsse mehr für den Klimaschutz tun. Aber sobald es die Menschen konkret betrifft, bröckelt die Mehrheit. Ich glaube den Umfragen nicht, beziehungsweise den Leuten, die sagen, sie seien für mehr Klimaschutz.

Die meisten lügen sich in die Tasche. In Wahrheit geht ihnen der Klimaschutz doch am Arsch vorbei. Klimaschutz ja, aber nicht in meinem Keller oder Vorgarten. Insbesondere die exorbitante Zunahme der Flugreisen zeigt doch die Scheinheiligkeit von uns Deutschen. Noch nie sind so viele Deutsche in den Urlaub geflogen wie dieses Jahr. Trotz Inflation und gestiegener Preise. Flugscham, Klimaskrupel – verdrängt!

Scheiß drauf!

Es scheint, dass sich eine widerspenstige und eigenwillige Haltung Bahn gebrochen hat, in der viele Menschen sagen: „Klimawandel, scheiß drauf. Ich genieße mein Leben und meinen Wohlstand jetzt.“ Da schwingt eine Menge Frust und Protest mit. So ist wohl auch zu erklären, dass sich viele Menschen trotzig immer noch Gas- und Ölheizungen einbauen lassen. Hinzu kommt das Gefühl vieler Menschen, von der rumeiernden Ampelregierung überfordert, gegängelt und nicht ernst genommen zu werden.

Es ist diese gefährliche Mischung aus Trotz, Minderwertigkeitsgefühlen, Frust und Protest, die dazu führt, dass die AFD immer stärker wird. Eine Partei, die nicht nur die Demokratie abschaffen will, sondern auch den Klimaschutz leugnet. Politiker wie CSU-Söder, der Mephisto aus Bayern, treiben den Rechtsextremen noch mehr Menschen in die Arme. Söder beschimpft die Grünen, wirft ihnen permanent vor, es mit dem Klimaschutz maßlos zu übertreiben. Ein Spiel mit dem Feuer.

Verbotspartei

Die Grünen sind allerdings selber nicht ganz unschuldig daran, dass ihre Klimaschutzpolitik nicht bei der Mehrheit der Bevölkerung an kommt. Und das nicht nur in Bayern und den neuen Bundesländern. Verkorkste Kommunikation. Vermurkstes Heizungsgesetz. Das Stigma der Verbotspartei, das ihnen die bürgerlichen Parteien so erfolgreich aufbrummen, werden die Grünen so schnell nicht mehr los.

Jetzt versuchen sie, mit allen Mitteln diese Etikette loszuwerden. Für den Europawahlkampf geben sie doch tatsächlich die Parole aus, dass es dringend notwendig sei, den Wohlstand zu sichern. Was ist das denn? Von der Klimaschutzpartei zur Wohlstandswahrungs-Partei?

Reiner Wein

Ich verstehe den Wandel der Grünen nicht. Wohlstandswahrung wichtiger als Klimaschutz? Die Kehrtwende der Grünen ist nur dadurch erklärbar, dass ihnen angesichts der miesen Umfragewerte der Arsch auf Grundeis geht. Sie wollen zeigen, dass sie doch nicht so schlimm sind und sie die Verunsicherung und Verzichtsängste der Bevölkerung ernst nehmen.

Ich bezweifle, dass diese populistische Politik der richtige Weg ist, verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen. Ehrlicher wäre es, der Bevölkerung reinen Wein einzuschenken. Das heißt, aufrichtig und anschaulich zu vermitteln, dass Klimaschutz ohne Verzicht und Beschränkungen nicht möglich ist.

Das funktioniert am besten, indem man den Menschen vermittelt, dass sie an der Energiewende teilhaben können und von ihr profitieren. Beispielsweise mit Bürger-Beteiligungen an Biogas- oder Solar-Anlagen oder Windparks.

Klimageld

Noch wichtiger ist, dass die Grünen beweisen, dass sie die soziale Komponente mitbedenken. Das ist bei der ersten Auflage des Heizungsgesetzes besonders schief gelaufen. Dabei gibt es das Instrument bereits, das Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit miteinander verknüpft: das Klimageld.

Das sollte ursprünglich die Verbraucher entlasten, die sich steigende CO2-Preise nicht leisten können. Und gleichzeitig die gesellschaftlich Akzeptanz für den Klimaschutz stärken. Eigentlich ein vielversprechendes Vorhaben, das die Grünen im Koalitionsvertrag durchgesetzt haben.

Aber wo bleibt die Umsetzung? Keine Rede ist mehr davon bei den Grünen. Blamabel! So bleiben die Grünen die Buhmänner und -frauen der Nation. Dabei böte das Klimageld eine reelle Chance, große Teile der Bevölkerung von Sinn und Nutzen des Klimaschutzes zu überzeugen.

Ganz besonders sozial und finanziell benachteiligte Menschen. Sie verbrauchen wenig Energie und hätten dank der Rückzahlung des Klimageldes möglicherweise mehr Geld zur Verfügung als bisher. Das wäre echter Klimaschutz – und ein echt sozialer.

Aber leider hält es der grüne Klima- und Wirtschaftsminister Habeck lieber mit der Industrie und denkt darüber nach, für die Finanzierung eines verbilligten Strompreises auch die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung zu nutzen. Da ist für mich keine grüne Politik mehr.

Flüchtlinge

Überfüllte Aufnahmelager in Lampedusa. Steigende Flüchtlingszahlen bei uns. Erneut verstörende Bilder von verängstigen Asylfamilien in beengten Großraumzelten und Turnhallen. Hinzu kommen Meldungen über vermehrte Schlägereien in Flüchtlingsunterkünften.

Viele Bürgermeister und Landräte schlagen Alarm. Sie wissen nicht mehr, wo sie die vielen Asylbewerber unterbringen und wie sie sie versorgen sollen. Von Integration ganz zu schweigen. Ja, es ist richtig, in Deutschland leben so viele geflohene Menschen wie noch nie.

Wahlkampf-Getöse

Medien und Politik schwadonieren schon wieder von Migrationskrise. Panik macht sich breit, und Rufe nach noch mehr Abschottung werden immer lauter. Ampel und Opposition werfen sich gegenseitig Versagen vor und kommen mit wenig praxistauglichen Rezepten daher. Selbst die Bundespräsidenten, der alte wie der neue, malen ein Bild von Überforderung und Überlastung Deutschlands an die Wand.

Am schlimmsten treibt es mal wieder der Mephisto aus Bayern. Söder fordert eine Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen, wohl wissend, dass das rechtlich nicht durchsetzbar ist. Alles Wahlkampfgetöse, das am Ende nur einer Partei hilft, der rechtsradikalen AFD.

Es ist keine Lösung, mehr Abschiebungen und mehr Zäune zu fordern. Das vergiftet das Klima in der Gesellschaft, spaltet sie noch mehr. Es führt zu noch mehr Abwehrhaltungen, Rassismus, Anfeindungen gegenüber Flüchtlingen. Eine Willkommenskultur in einer Gesellschaft, die dringend Fachkräfte sucht, sieht anders aus.

Anerkannte Syrer

Eine Tatsache wollen die meisten Menschen in unserem Land nicht kapieren oder nicht wahrhaben: Fluchtmigration lässt sich nicht komplett verhindern. Das ist schon rechtlich nicht möglich. Jeder Mensch, der politisch verfolgt wird, hat ein Recht auf Asyl.

So werden die meisten Menschen, die aus Syrien oder Afghanistan nach Deutschland kommen, als Asylbewerber anerkannt. Sie stellen den Hauptanteil der Flüchtlinge. Die Forderung von CDU/CSU und FDP, Georgien, Moldau und die Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsländer zu erklären, bringt gar nichts. Aus diesen Ländern stammen gerade mal drei Prozent der Flüchtlinge.

Bund muss helfen

Das Problem, das fälschlicherweise Migrationskrise genannt wird, ist hausgemacht. Seit Jahren ist klar, dass die Flüchtlingswelle nicht abebben, sondern anwachsen wird. Bund, Länder und Kommunen haben das nicht wahrhaben wollen und ignoriert. Es wurde nicht vorgesorgt, weder im Wohnungsbau noch bei Intergrationskursen, noch in Kitas und Schulen. 

Kein Wunder, dass sich die Stimmung bei einem großen Teil der Bevölkerung gegen die Flüchtlinge richtet. Wenn man sieht, dass das eigene Kind keinen Sportunterricht mehr hat, weil die Sporthalle mit Flüchtlingen belegt ist, steigen die Ressentiments gegenüber Flüchtlingen. Hinzu kommen die weit verbreiteten Gerüchte von Asylbewerbern als Sozialschmarotzer. Da schlagen die Ressentiments schnell in Hass um. Es darf und kann nicht sein, Flüchtlinge als Sündenböcke zu betrachten für alles, was schief läuft. Da müssen alle demokratischen Kräfte gegensteuern.

Die Kommunen sind es, die letzten Endes alles schultern müssen  – Unterbringung, Versorgung und Integration der Flüchtlinge. Aber viele Städte und Gemeinden sind klamm, keine Kohle mehr. Viele sind verschuldet. Trotzdem und gerade jetzt brauchen sie dringend finanzielle Hilfe von Bund und Ländern, um ihre Herkules-Aufgaben zu stemmen. Und zwar subito.

Eine Antwort

  1. Das mit der Obergrenze ist Quatsch. Da gebe ich dir recht. Trotzdem muss die Zahl der Flüchtlinge, die zu uns kommen, gesenkt werden. Das funktioniert nicht mit Abschottung, aber vielleicht mit einer Mischung aus Zuckerbrot und Peitsche. Dänemark zeigt, wie es geht. 5400 Euro erhalten Asylbewerber, die freiwillig zurückkehren. Für anerkannte Asylbewerber besteht Integrationspflicht. Migrantenkinder müssen sofort Dänisch lernen und eine Kita besuchen. Sach- statt Geldleistungen. Rückkehrzentren für abgelehnte Asylbewerber. Die müssen dort so lange bleiben, bis ihre Abschiebung möglich ist. Daran sollte sich Deutschland ein Beispiel nehmen!

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